Einbezug körperlicher, emotionaler und intuitiver Empfindungen

Im vorherigen Kapitel haben wir die Bedeutung der persönlichen Fähigkeiten zur Adaptation mentaler Abkürzungen angesprochen. Da Überzeugungen Teil von uns sind, handelt es sich um ein sehr sensibles, mit Emotionen behaftetes Thema. Die Plastizität eines Überzeugungsgerüstes ist eng mit Emotionen, der körperlichen Verfassung und dem daraus resultierenden positiven (oder negativen) Selbstvertrauen verknüpft.

Damit ein gutes intuitives Urteil möglich wird, müssen die körperlichen, emotionalen, intuitiven und rationalen Parameter alle an der Urteilsbildung beteiligt sein.

Wer die Intuition als Kompass nutzen möchte, muss sich mit den eigenen intuitiven Empfindungen auseinandersetzen und sie von emotionalen Empfindungen zu unterscheiden wissen. Intuitive Empfindungen, selbst wenn sie eine Portion Emotion beinhalten, sind subtiler. Starke emotionale Empfindungen wie Freude, Angst oder Liebe können die verhaltene Intuition leicht verdecken. Das eine darf also nicht mit dem anderen verwechselt werden. Wie stark das Bewusstsein für die intuitiven Empfindungen ist, variiert von Person zu Person. Wir können jedoch drei Hauptbereiche ausmachen, die die bewusste Wahrnehmung der Intuition fördern (Rosselet-Capt, 2016).

ABBILDUNG – DIE DREI SPHÄREN DES INTUITIVEN BEWUSSTSEINS

Nach einer Studie aus dem Krankenpflegekontext zitiert in (Rossselet-Capt, 2016).

Emotionales Bewusstsein Wie ein vages Gefühl, dass «es schlecht ausgehen wird» oder dass «eine Katastrophe eintreten wird». Die Emotionen werden als fremd und eigenartig beschrieben.
Physisches Bewusstsein Das physische Bewusstsein ist eine Art Empfindung, die «aus dem Bauch heraus» oder über die fünf Sinne aufzutauchen scheint, wie eine «innere Stimme». Damit verbundene körperliche Anzeichen können muskuläre Anspannungen, schwitzige Hände oder ein erhöhter Herzschlag sein. Sie zeigen an, dass etwas im Gange ist.
Gefühl von «Vernetzung» Das Gefühl, dass alles universell miteinander vernetzt ist. Das Gefühl äussert sich entweder physisch als körperlich empfundene «Energie» oder spirituell. Ein solches «gut feel» steht im Einklang mit der Hypothese der somatischen Marker von Antonio Damasio (Reaktivierung physiologischer Reaktionen, die mit der persönlichen Geschichte und mit früheren Erfahrungen in Resonanz stehen).

Es geht auch darum, die Empfindungen zu erkennen, die die Intuition verfälschen und auf Angst, Verletzungen oder illusorische Wünsche zurückzuführen sind. Sie behindern ein effizientes intuitives Urteil.

Emotionen (Freude, Wut …) können sowohl analytisches Denken als auch intuitive Eingebungen fördern. Positive wie negative Emotionen sind kräftige Motivationsantriebe fürs Handeln.  Die Intensität der Emotion ist entscheidend. Obschon überbordende Emotionen mit einer strategischen Orientierung nicht vereinbar sind, sind sie hilfreiche Alarmsignale. Emotionen von geringerer oder mittlerer Intensität können im Gegenzug als Triebfedern für die Handlung wirken und das Engagement in der strategischen Entwicklung verstärken. Somit sind Emotionen jeder Intensität Indikatoren, deren Untersuchung sich lohnt.

Wie wir bereits gesehen haben, kommt analytisches Denken weitgehend ohne emotionalen Bezug aus. Eine motivierte Person kann jedoch den Willen, den es dazu braucht, besser aufbringen.

Die Triade EMOTION – INTUITION – ANALYTISCHES DENKEN wird schematisch als Entscheidungsdreieck (Vortex) dargestellt (Coget, 2013). Die Intuition unterstützt die Überprüfung der Grundlagen einer Entscheidung, einer Analyse oder einer Schlussfolgerung und fördert Neues zu Tage. Dabei gibt der intuitive Kompass vor, «was zu tun oder zu denken ist». Mit analytischem Denken wird überprüft, ob die intuitiven Entscheidungen in Sackgassen führen oder Fehler enthalten, oder die Entscheidungen werden bestätigt bzw. ausgefeilt. Die Emotionen (die mit körperlichen Empfindungen verbunden sind) wirken als Triebfeder für die Handlung oder helfen dabei, die eigenen Grenzen festzulegen, indem sie Entscheidungsprozesse unterbrechen, wenn die Emotions-Intensität zu stark wird.

Das Zusammenspiel von EMOTION – INTUITION – ANALYTISCHEM DENKEN fördert:

  • die Vertiefung der Expertise und die Plastizität des mentalen Schemas;
  • das Zurechtkommen mit kritischen Entscheidungen;
  • die Kreativität, die Entwicklung von neuen Ideen und die analytische

ABBILDUNG – DAS DREIECK EMOTION – INTUITION – ANALYTISCHES DENKEN

Inspiriert vom Vortex-Entscheidungsdreieck (Coget, 2013)

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Werkzeuge für den Berater/die Beraterin

Vier Grundemotionen erfordern die Aufmerksamkeit des Beraters/der Beraterin: Angst, Wut, Traurigkeit und Freude. Das Diagramm „Fokus auf die 4 Grundemotionen“ fasst die Auslöser, natürlichen Reflexe und Bedürfnisse zusammen, die durch die Emotion hervorgerufen werden.

Das Schema „Plutchiks Rad der Emotionen“ ermöglicht eine Abstufung der Gefühle um 8 Grundemotionen (verärgert-ängstlich, traurig-froh, aufmerksam-überrascht, ablehnend-vertrauend). Das Werkzeug für den Berater, das sich an diesem Rad der Emotionen orientiert, ist ein Satz von Karten zum Ausschneiden. Auf diesen stehen Adjektive, die ein bestimmtes Gefühl ausdrücken.