Analyse der finanziellen Situation des Unternehmens

Ziele

Die Analyse der finanziellen Situation sollte es ermöglichen:

  • ein Gesamturteil über die aktuelle und künftige Finanzlage des Unternehmens zu fällen
  • die Entstehung des Ergebnisses zu erklären
  • den finanziellen Handlungsspielraum zu ermitteln

Methoden

Es gibt verschiedene Analysemethoden:

  • Analyse des Unternehmens im Hinblick auf die Entwicklung mehrerer Jahre : Analyse der Vergangenheit um die Gegenwart zu diagnostizieren und die Zukunft zu prognostizieren
  • Vergleich von Jahresabschluss und Kennziffern des Unternehmens mit denen ähnlicher Unternehmen (Benchmarking)
  • Der Vergleich des Jahresabschlusses und Kennzahlen mit „orthodoxen“ Regeln oder Standards (normative Analyse)

Es ist in jedem Fall wichtig einen rein deskriptiven Ansatz zu vermeiden. Die verschiedenen Komponenten der Analyse sollten miteinander verknüpft sein und kausale Zusammenhänge ermitteln. Es sollte einen logischen Ablauf zwischen verschiedenen Teilen der Analyse bestehen, die sich aufeinander beziehen und nicht unterteilt werden sollten. Es ist wichtig chronische Probleme zu erkennen und diese von einmaligen Problemen abzugrenzen.

Im Rahmen der strategischen Reflexion bietet die Erstellung und Analyse einer mehrjährigen Kapitalflussrechnung aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einen besonders relevanten und umfassenden Überblick:

  • Sie beschreibt die wichtigsten Salden des Unternehmens (Betriebs-, Investitions- und Finanzierungstätigkeiten) und ermöglicht eine schnelle Überprüfung der Rentabilität des Unternehmens
  • Auf der Grundlage der Analyse der Vergangenheit können Projektionen für vier oder fünf Jahre im Sinne eines „stabilisierten“ Betriebs erstellt werden (wenn der Unternehmer grössere Veränderungen in Erwägung zieht bietet der „stabilisierte Betrieb“ zudem Anhaltspunkte für die Berechnung und Bewertung von Varianten)
  • Diese einfache Berechnung erleichtert das Verständnis für die Probleme des Unternehmens im Hinblick auf die Validierung der Strategie und den finanziellen Handlungsspielraum

Elemente der Analyse

Operative Tätigkeit

Ziel ist es den Saldo, seine Entwicklung und Entstehung zu analysieren, der dem Ergebnis des Jahresabschlusses entspricht (EBITDA in der Gewinn- und Verlustrechnung oder operativer Cashflow in der Mittelflussrechnung. Das EBITDA ist das Gesamtergebnis, das die wirtschaftliche Leistung des „Betriebssystems“ widerspiegelt. Oder auch die Fähigkeit des Unternehmens mit seinem Kerngeschäft Geld zu verdienen.

Die Kombination aus Erträgen und Aufwendungen ist für die Bildung des EBITDA verantwortlich. Durch die Analyse dieser Zusammenhänge und der Entwicklung ist es möglich das Funktionieren eines Produktionssystems und die Fähigkeit ein wirtschaftliches Ergebnis aus einem bestimmten Aktivitätsvolumen zu erzielen, zu verstehen und einzuordnen. Die EBITDA-Margeist ein Mass für die wirtschaftliche Gesamteffizienz eines Produktionssystems.

Gegebenenfalls sollte die Analyse durch die „betrieblichen Nebentätigkeiten“ ergänzt werden.

Bei Einzelunternehmen (wozu die Mehrzahl der landwirtschaftlichen KMU gehört) ist zu berücksichtigen, dass das Entgelt für die von der Familie geleistete, nicht entlohnte Arbeit nicht zu den Personalkosten gehört. In den Kapitalflussrechnungen wird der Geldfluss „Netto-Privatentnahmen“ aus dem Unternehmen in der Regel gesondert ausgewiesen und kann in die Analyse der betrieblichen Transaktionen einbezogen werden.

Investitionstätigkeit

Ziel ist zu ermitteln wie sich das Unternehmen entwickelt hat: Hat es bestehende Anlagen ersetzt oder wurde es erweitert, ausgebaut oder modernisiert? Wie viel wurde investiert, wie viel wurde desinvestiert und welche Subventionen wurden gewährt?

Die Beziehung des Mittelflusses aus der Geschäftstätigkeit und den Investitionen ist nicht einfach. Neue Investitionen werden zu den alten Investitionen (Anlagevermögen) hinzugerechnet um den Jahresabschluss zu ermitteln. Der Vergleich des Cashflows aus der Geschäftstätigkeit und den Investitionen muss unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität und des dynamischen Gleichgewichts des Ressourceneinsatzes über mehrere Jahre erfolgen. Daher ist es wichtig die Entwicklung der Investitionen und des Cashflows aus der Geschäftstätigkeit vergleichend zu analysieren, was anhand der Kapitalflussrechnung möglich ist.

Finanzierungstätigkeit

Der Cashflow bei Betriebs- und Investitionszyklen steigt nur

Betriebs- und Investitionszyklen sind mit einer verzögerten Veränderung des Cashflows verbunden. Lieferanten oder Mitarbeiter müssen bezahl werden bevor die Kunden bezahlen oder Investitionen müssen getätigt werden bevor die Früchte geerntet werden können. Diese Zeitverzögerungen führen zu einem Defizit beim Cashflow, das ausgeglichen werden muss. Dieser Ausgleich ist die Aufgabe der Finanzmittel.

Die zusätzliche Beschaffung von Mitteln kann erfolgen zur Finanzierung von:

  • Der Investitionsphase, bei der der Anstieg der zukünftigen Nettoeinnahmen die Rückzahlung und Verzinsung der aufgenommenen Kredite gewährleisten muss
  • Des Betriebszyklus, bei dem das Darlehen die Vorwegnahme bestimmter Einnahmen oder die Verschiebung bestimmter Ausgaben ermöglicht (Finanzierung des Betriebskapitalbedarfs)

Das Ziel ist die Analyse von:

  • Dem Anteil nicht durch Selbstfinanzierung gedeckter Investitionen
  • Der Entscheidungen des Landwirts in Bezug auf die Kreditaufnahme (maximale Kreditaufnahme zur Finanzierung seiner Investitionen oder Kreditaufnahme als einfaches Mittel zum Ausgleich finanzieller Mittel)
  • Ob die neuen Darlehen verzinst oder zinslos sind
  • Ob die Verschuldung im analysierten Zeitraum steigt oder sinkt
  • Der Höhe und der Entwicklung von „Zinsen und Fremdkapitalkosten“
  • Gegebenenfalls private Kapitaleinlagen in das Unternehmen und die Kapitalentnahmen (Beteiligungsfinanzierung)

Finales Ergebnis : Liquidität und Rentabilität

Die Liquidität

Die Kapitalflussrechnung konzentriert sich auf das Konzept des Cashflows. Mit Bargeld finanziert das Unternehmen seine Tätigkeit und sichert seinen Fortbestand. Der Cashflow ist ein Schlüsselindikator für das Finanzmanagement und die Finanzanalyse, sowohl kurzfristig (Mass für „Zahlungsfähigkeit“ bzw. „Liquidität“) als auch langfristig (Mass für Finanzierungsbedarf). Die Bedeutung des Cashflows (in absoluten oder relativen Zahlen) und sein Vorzeichen (positiv oder negativ) können eine bestimmte Situation des Unternehmens kennzeichnen (gesund, gefährdet, insolvent).

In einer Kapitalflussrechnung stellt der Saldo aus Jahresergebnis (EBITDA minus Veränderung der Vorräte), den „Privatentnahmen“, von Investition und Finanzierung die Veränderung der Nettobarmittel dar. Dies zeigt die Entwicklung der potenziellen Liquidität im Unternehmen an.

Eine zufriedenstellende Cashflow-Situation ist gegeben, wenn genügend Barmittel vorhanden sind um die laufenden Ausgaben zu bezahlen, die während eines Geschäftsjahres nicht durch Einnahmen gedeckt sind und der Cashflow in der Regel positiv oder gleich Null ist.

Oft ist es auch sinnvoll die Entwicklung der kurzfristigen Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und der kurzfristigen Kreditoren zu betrachten – also die Entwicklung des Betriebskapitals und der Nettoliquidität, die einen Einfluss auf die Liquidität während des Geschäftsjahres haben (ggf. mit Hilfe entsprechender Detailinformationen aus der Bilanz).

Die Rentabilität

Die Gewinn- und Verlustrechnung misst die Vermögensbildung des Unternehmens und endet mit dem Nettoergebnis; ob dieses aus dem Unternehmen entnommen oder dem Eigenkapital zugeführt wird (nach „Privatentnahmen“ im Falle eines Einzelunternehmens) ist lediglich eine Cashflow-Entscheidung.

Die Rentabilität ist das Verhältnis zwischen der Eigenkapitalbildung und dem investierten Kapital. Die „Eigenkapitalrendite“ ist eine Berechnung, die für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft von Interesse ist aber die „wirtschaftliche Ertragskraft“ ist für jeden Unternehmensleiter von Interesse. Im Prinzip ist dies das Verhältnis zwischen dem Betriebsergebnis (EBIT = EBITDA minus Abschreibungen) und dem „wirtschaftlichen Vermögen“ (Anlagevermögen plus Betriebskapital).

Das System Unternehmen-Familie

Wenn man die Strategie eines Familienunternehmens entwickelt ist es notwendig die Analyse mit dem Wissen über die anderen Teile des „Systems Familienunternehmen“ zu ergänzen:

  • Mögliche andere zugehörige Unternehmen mit eigenen Konten
  • Mögliche abhängige berufliche Tätigkeiten
  • Mögliche andere Elemente des Privatvermögens
  • Konsumbedarf der Haushalte

Übersicht

Die Übersicht ist keine Zusammenfassung. Sie sollte die verschiedenen Ergebnisse miteinander verknüpfen und die entsprechenden Lehren ziehen, ihre jeweilige Bedeutung einordnen, offensichtliche Widersprüche auflösen und eine klare Beurteilung der gegenwärtigen und künftigen finanziellen Situation (Stärken und Schwächen) ermöglichen, sowie den finanziellen Handlungsspielraum für die derzeitige Strategie aufzeigen und charakterisieren.

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Leitfaden für ein halbstrukturiertes Interview

  • Guide d’entretien : situation financière

Weiterführende Informationen

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