Komplexität verstehen

Für das Erfassen von Komplexität greift Intuition auf unbewusste Regeln zurück, die man Urteilsheuristiken (oder Überzeugungsheuristiken) nennt (Dane & Pratt, 2007). Diese Regeln werden täglich oder gewohnheitsmässig anwendet. Sie erlauben es, „Urteile und Entscheidungen auch unter ungünstigen Informationsbedingungen schnell und einigermassen treffsicher zu fällen.“ (…).

Der Nachteil von Urteilsheuristiken ist, dass sie mmer auch Verzerrungen enthalten, die zu Fehlurteilen führen können dazu gehören z. B. Stereotypen, irreale oder naive Überzeugungen, Aberglaube).

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PROBLEMSTRUKTUR UND ANWENDUNG VON INTUITION
Angepasst nach (Shapiro & Spence, 1997)

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Welche Bedingungen erhöhen die Zuverlässigkeit mentaler Schemata?

Die Effizienz des mentalen Schemas (und folglich der Intuition) hängt von der Betriebsleiterin bzw. dem Betriebsleiter selbst und vom Kontext ab:

  • Die Fachkompetenzen: Fachkompetenzen nehmenmit den Kenntnissen in einem bestimmten Bereich, sowie der Erfahrung zu.
  • Die Fähigkeit, die Urteilsheuristiken weiterzuentwickeln: Wenn Überzeugungen plastisch (nicht starr und verhärtet) und entwicklungsfähig sind, passt sich das mentale Schema besser an neue Informationen an.
  • Umgebungsstimuli: Je stärker sich die Umgebung verändert, desto wichtiger ist es, die Aufmerksamkeit auf sie zu richten.
  • Verarbeitungszeit: Das unbewusste Denken, das das mentale Schema strukturiert, bedarf einer gewissen Verarbeitungszeit (Strick & Dijksterhuis, 2013).

Wenn eine Person ein einfaches mentales Schema zu einem «qualifizierten und plastischen» mentalen Schema entwickelt, kann sie ihre Intuition bei wenig strukturierten Problemen wirksam einsetzen. Generell gilt: Je mehr ein Problem mit strategischen Elementen zu tun hat und je weniger es strukturiert ist, desto mehr wird auf die Intuition zurückgegriffen.

Wir kommen nun zurück zur Bedeutung der Intuition für Landwirtinnen und Landwirte, die unter hoch komplexen Bedingungen arbeiten – seien dies natürliche (Boden, Klima, Pflanzen, Tiere), wirtschaftliche (volatile Märkte), rechtliche (immer anspruchsvollere Gesetze) und teilweise auch familiäre Bedingungen. Die Weiterentwicklung der persönlichen Expertise im eigenen Unternehmen ist ein Schlüssel für zuverlässige intuitive Urteile. Es ist entscheidend, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen (siehe «Synthese der strategischen Analyse», SWOT-Matrix), sowohl im Hinblick auf explizites Wissen (technische und wirtschaftliche Kenntnisse, klimatische und natürliche Bedingungen, Markttendenzen, rechtliche Vorgaben usw.) als auch auf persönliche Erfahrungen als Frau oder Mann bei der Arbeit mit Lebendigem bzw. als Unternehmerin oder Unternehmer.

Expertise bildet sich durch zwei Lernformen heraus:

  • Implizites, d. h. unbeabsichtigtes Lernen, das der Konsolidierung der persönlichen Erfahrung entspricht.
  • Explizites Lernen, das dem willentlichen Aneignen von Informationen und Wissen entspricht.

Um besser zu verstehen, wie solches Lernen funktioniert, ist die Eisberg-Metapher hilfreich.

Intuition und Expertise stehen genauso im Zusammenhang wie Intuition und Komplexität. Die Intuition ist in der Expertise verankert (Leybourne, 2006). Sie wirkt auf die «Gesamtheit des Eisbergs». Damit kann die Komplexität erfasst werden, und die Person, die entscheidet, kann ein Urteil fällen.

  Weiterführende Informationen

  • Mind mapping