Ortoloco ist eine selbstverwaltete Gemüsekooperative auf den Betriebsflächen des Fondlihofs in der Region Zürich. Die Kooperative wird nach den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft bewirtschaftet, dem Pendant zur im französischsprachigen Raum verbreiteten agriculture de proximité (regionale Vertragslandwirtschaft). Qualitativ hochwertige Ernährung, faire Arbeitsbedingungen und ökologische Produktionsverfahren sind die Grundpfeiler der Kooperative. Konsumentinnen und Konsumenten tragen die Verantwortung gemeinsam mit den Produzentinnen und Produzenten, sowohl finanziell (Jahresabonnemente) als auch arbeitsmässig, denn die Mitglieder arbeiten bei der Feldarbeit mit. Daneben sieht sich Ortoloco als Freiluftversuchslabor zum Ausprobieren verschiedener ökonomischer Projekte auf kollektiver Ebene. So wurden Fondlihof und Gemüsekooperative im Jahr 2021 zusammengelegt, woraus ein Betrieb hervorgeht, der nach den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft geführt wird. Die Produkte des fusionierten Betriebes – Obst, Getreide, Speiseöle, Fleisch und vieles mehr – werden in die Gemüsekörbe gepackt.

Steckbrief

Rechtsform Genossenschaft
Arbeitskräfte 3 Gärtner*innen (à 60 und 40%) und 485 Mitglieder, die 5 Halbtage pro Jahr mitarbeiten
Produktion Gemüse, Beeren, Kräuter
Verarbeitung Konfitüren, Sauerkraut, Verarbeitung der Überschüsse
Vermarktung Gemüsekörbe (Regionale Vertragslandwirtschaft)
Label Knospe Bio
Betriebsstart 2010
Gemüseanbaufläche 13’136 m2
Landwirtschaftliche Nutzfläche 1,4 Hektaren, gepachtet von einem Biobetrieb
Landwirtschaftsfläche, Stadtrandzone
Boden Braunerde mit hohem Humusanteil, eher tonig, sehr niedriger Sandgehalt
Klima monatlich 58 bis 95 mm Niederschlag, 5 bis 9 Sonnentage pro Monat (weniger als 20 % Bewölkung), zwischen November und März durchschnittlich 11 bis 23 Tage Frost pro Monat und zwischen Juni und August 4 bis 8 Tage mit Temperaturen über 25 °C pro Monat

Gouvernanz

Ortoloco funktioniert nach den Grundprinzipien der direkten Demokratie und strebt eine möglichst flache Gouvernanz an. Die Kooperative bzw. die Mitglieder wählen an der Generalversammlung einen Vorstand, der für die laufenden Geschäfte wie Buchhaltung, Kommunikation, Budget und Personalwesen verantwortlich ist. Der Vorstand setzt sich aus den Verantwortlichen des Gartens (3 Personen) und sieben weiteren Mitgliedern, die das Mandat auf freiwilliger Basis erfüllen, zusammen. Die Vorstandsmitglieder erhalten keinen Lohn, doch ihr halb- bis ganztägiger wöchentlicher Arbeitseinsatz wird mit einem kostenlosen Gemüseabonnement abgegolten (gilt nicht für die Gartenverantwortlichen).

Die Mitglieder der Kooperative sind verantwortlich für die Produktion, die Abonnentinnen und Abonnenten und den Kreis der Sympathisanten. Im Jahr 2019 belieferte die Kooperative 230 Abonnemente bei 500 Mitgliedern, da ein Abonnement im Minimum für zwei Personen bemessen ist. Jedes Mitglied muss beim Beitritt zur Genossenschaft mindestens einen Anteilschein erwerben. Mit diesem Geld werden die Ausgaben der Kooperative ohne Fremdfinanzierung bestritten. Zudem muss jedes Mitglied mindestens fünf Halbtage Mitarbeit leisten.

Design

Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist folgendermassen eingeteilt:

  • 13 Parzellen mit je 11 Beeten, die jeweils 54 m lang und 1,5 m breit sind
  • 2 Tunnels mit je 6 Beeten, ein kleiner Tunnel mit 3 Beeten (800 m2)
  • ein kleiner Garten für den Kräuteranbau und die Setz-lingsanzucht (500 m2)

Die Gesamtfläche beträgt 13.136 m2.

Anbauplan

Der überwiegende Teil der Feldarbeiten ist Handarbeit. Zweimal jährlich wird das Land mit dem Traktor bearbeitet (Fräse, Egge). Den Saisonauftakt läutet die «Spatenbrigade» ein, die zusammenkommt und an einem Tag fast die gesamte Fläche von Hand vorbereitet.
Die Erstellung des Anbauplans erfolgt in zwei Etappen. Zuerst werden im Rahmen einer Grobplanung die Pflanzenfamilien unter Berücksichtigung der beiden Kriterien Anbaupausen und Stickstoffbedarf platziert. In einer zweiten Phase erfolgt die Detailplanung, wobei unter Berücksichtigung der ausgewählten Pflanzenfamilie festgelegt wird, mit welcher Kultur jedes einzelne Beet bepflanzt wird.

Fruchtwechsel

12-Jährige Fruchtfolge, wobei die Pflanzenfamilie jedes Jahr ändert:

  1. Gründüngung 1
  2. Kreuzblütler (Federkohl, Kohl)
  3. Kürbisgewächse (Kürbisse)
  4. Gänsefussgewächse (Randen, Spinat)
  5. Leguminosen (Bohnen, Erbsen) 1 und Futtererbsen (Wintergründüngung)
  6. Kreuzblütler (Federkohl, Kohl)
  7. Doldenblütler (Fenchel, Pastinake, Karotte) und Liliengewächse (Lauch, Zwiebeln) 1
  8. Gründüngung 2
  9. Mais und Zucchetti
  10. Kreuzblütler 3
  11. Doldenblütler (Fenchel, Pastinake, Karotte) und Liliengewächse (Lauch, Zwiebeln) 2
  12. Leguminosen 2
  13. Gründüngung, noch nicht in die Fruchtfolge integriert

Düngung

  • Im Rahmen der Fruchtfolge werden jährlich auf zwei Parzellen Gründüngungen gesät. Daneben werden auch Zwischenbegrünungen nach den Hauptkulturen mit Eiweisserbsen, Roggen, Phacelia oder Kleeuntersaaten angelegt.
  • Kompost (max. einmal pro Jahr), betriebseigener Kompost und Gülle (erst seit 2020 vor Kürbis)
  • Bioorga: 5 kg pro Beet vor gewissen Gänsefussgewächs-Kulturen, vor Süsskartoffeln, Zucchetti usw.
  • Ernterückstände (z. B. Kohl), mit Kompost vermischt

Sonstige Informationen

Da der Landwirtschaftsbetrieb Fondli ein Knospe-Betrieb ist, ist auch Ortoloco mit der Knospe zertifiziert.

Gebäude und Infrastruktur

Der Biohof Fondli stellt folgende Infrastruktur stellt zur Nutzung zur Verfügung: Pausenraum mit Tischen und Cheminée, Abpackraum mit Werkstatt, Küche, Garderobe, Kühlraum, Veloabstellplatz sowie einen «Saal» für kulturelle Veranstaltungen.

Maschinen und Werkzeuge

Ca. zwei Drittel des Arbeitsvolumens wird mit einachsigen, handgesteuerten Kleinmaschinen und Geräten verrichtet (Unkrautpflege, Hacken usw.). Für die restlichen Arbeiten werden zwei kleine Traktoren (90 PS, schmale Spurbreite) eingesetzt, insbesondere zum Abmähen der Gründüngungen. Ortoloco arbeitet im Übrigen mit den gebräuchlichen Gartenwerkzeugen, aber auch mit Sensen, die von einigen Mitgliedern gerne zur Hand genommen werden.

Bewässerung

Bewässert wird im Freiland über Sprinkler und in den Tunnels mittels Tropfbewässerung. Im Frühling und im Herbst wird dort, wo die Tropfbewässerung nicht unerlässlich ist, auch in den Tunnels mit Sprinklern bewässert.

Kernteam

Die Verantwortung für die Gemüseproduktion teilt sich ein dreiköpfiges Gärtner/innen-Team mit Beschäftigungsgraden von zweimal 60 % und einmal 40 %. Zusätzlich arbeiten folgende Personen mit:

  • 485 Mitglieder arbeiten je 5 Halbtage pro Jahr
  • 5 Mitglieder arbeiten von April bis Mitte Oktober einen Tag pro Woche
  • 2 Praktikumsstellen für 6 Monate, Beschäftigungsgrad 80 %

Organisation

Die Gärtner und Gärtnerinnen sind verantwortlich für die Abo-Planung (wird von der Generalversammlung gutgeheissen) und leiten den Gemüseanbau. Wichtige Entscheide über grössere Ausgaben werden gemeinsam mit dem Vorstand getroffen.
Die Gärtnerinnen und Gärtner tragen die Verantwortung für den Gemüseanbau bis zur Ernte. Alle Prozesse danach wie das Aufbereiten des Gemüses, die Verarbeitung (je nach Bedarf), das Abpacken der Körbe sowie die Lieferung zu den Depots erledigen die Mitglieder im Rahmen ihrer 5 Halbtage Mitarbeit. So verrichten die Mitglieder nahezu zwei Drittel der Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Gemüsebau anfallen.

Fachliche Ausbildungen und spezifische Kompetenzen

Zwei der drei Gärtner/-innen sind ausgebildet als Gemüsegärtner/-in EFZ.

Ortoloco versteht sich als Teil der Bewegung Solidarlandwirtschaft und misst sozialen Aspekten grosse Bedeutung bei.
Zentral ist die Einhaltung der Arbeitszeiten. Allfällige Überstunden werden ausbezahlt. Die Thematik der fairen Entlöhnung wird immer wieder aufgegriffen und es wurden an Generalversammlungen auch schon Lohnerhöhungen für die Gärtnerinnen und Gärtner beschlossen.
Ortoloco setzt bei ihren Aktionen auf Vertrauen, so ist zum Beispiel auch das Verhältnis zu den Verantwortlichen des Fondlihofs auf Vertrauensbasis und nicht vertraglich festgelegt.

Verbindungen zur Zivilgesellschaft ergeben sich ausschliesslich via die Mitglieder. Zu Beginn zählte die Kooperative nur 250 Mitglieder. Zur Stabilisierung der Kooperative und um sie etwas komfortabler aufzustellen, wurde rasch eine Verdoppelung auf 500 Mitglieder ins Auge gefasst. Die strategische Lage der Kooperative in Stadtnähe machte die Mitgliederwerbung einfach. Auch heute ist es kein Problem, neue Mitglieder zu finden, um einen Mitgliederstamm von 500 beizubehalten.
Wird Geld benötigt, zieht es die Kooperative vor, den Preis für die Anteilsscheine zu erhöhen, statt sich über Crowdfunding zu finanzieren. So finanziert sich die Kooperative ausschliesslich mit internen Finanzmitteln und ist nicht auf externe Geldgeber angewiesen. Die Kooperative organisiert auch regelmässig Aktionstage wie zum Beispiel die Zusammenkunft der Spatenbrigade oder Feste und Events.

Ortoloco ist Bestandteil des Biohofs Fondli und profitiert von vielen biodiversitätsfördernden Strukturen auf und in der Umgebung der Produktionsflächen. Auf dem Betriebsgelände wurden Nistplätze, Steinhaufen, Aschehaufen, Hecken und zahlreiche andere Strukturelemente geschaffen.

Die Integration in den Biohof Fondli birgt zudem den Vorteil eines weitgehend geschlossenen Nährstoffkreislaufs. So wird beispielsweise nur Bioorga zugeführt, während die übrigen Dünger vom Betrieb stammen.

Kennzahlen Jahr 2019
FLÄCHE
Landwirtschaftliche Nutzfläche
(LN)
14 000 m2
Gemüseanbaufläche
(Gemüsebeete mit Trittwegen, Freiland und geschützter Anbau)
13’136 m2
Anteil Gemüseanbaufläche an der LN  94 %
Anteil der gedeckten Flächen (Tunnel) an der Gesamtgemüseanbaufläche 8 %
ARBEITSKRÄFTE
VZÄ Gemüsebau
(ohne Administration)
6.28 VZÄ
Gemüseanbaufläche / VZÄ Gemüsebau 2092 m2/VZÄ
WIRTSCHAFTLICHE KENNZAHLEN ALLER GARTENAKTIVITÄTEN
(NICHT NUR GEMÜSEBAU)
Umsatz Gemüsebau / Umsatz Garten 88 %
EBITDA Garten / LN 34’949 CHF/ha
EBITDA Garten / VZÄ 7794 CHF/VZÄ
DIREKTKOSTENFREIER ERTRAG GEMÜSEBAU
BEZOGEN AUF DIE GEMÜSEANBAUFLÄCHE
+ Produkte aus dem Gemüseanbau 21.49 CHF/m2
– Direktkosten Gemüsebau 2.02 CHF/m2
Direktkostenfreier Ertrag Gemüsebau 19.48 CHF/m2
Personalaufwand Gemüsebau 13.38 CHF/m2
EBITDA / Gemüseanbaufläche 3.72 CHF/m2

Datenblatt Businessmodell

Canevas

Schlüsselpartnerinnen und -partner

  • Fondlihof
Schlüsselaktivitäten

  • Gemüsebau
  • Arbeitszuteilung an die Mitglieder
Wertversprechen

  • Gemüse
  • Gemüsekörbe
  • soziale Beziehung
Kundenbeziehungen

  • jährlich 5 Halbtage Mitarbeit
Kundensegment

  • Mitglieder mit Gemüseabonnement
Ressources clés

  • 500 Mitglieder mit Anteilschein
  • geografische Lage nahe bei Zürich
  • 10 Jahre Erfahrung
Vertriebskanäle

  • Gemüsekörbe
Kostenstruktur

  • Der Personalaufwand macht ca. 2/3 der Kosten aus
  • 10 % der Gesamtkosten sind Direktkosten des Gemüsebaus
Einkommensquelle

  • Produktion von Gemüse, das in Körbe abgepackt wird

Projekte

Die Kooperative möchte grundsätzlich mehr Biodiversitätsprojekte umsetzen, um die Biodiversität auf ihren Betriebsflächen maximal zu fördern.

Seit 2021 wird der ganze Fondlihof nach den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft bzw. als regionale Vertragslandwirtschaft betrieben. In der Praxis bedeutet das, dass alle Aktivitäten des Hofes (Tierhaltung, Ackerbau) über Anteilscheine der Genossenschaftsmitglieder und über Jahresabonnemente für Mitglieder finanziert werden. Im Gegenzug profitieren diese von einem erweiterten Sortiment im Abokorb. Das bedeutet ebenfalls, dass die Mitglieder nicht mehr ausschliesslich im Gemüsebau mitarbeiten, sondern auch bei zahlreichen landwirtschaftlichen Arbeiten mitwirken können.

Betriebsergebnis

Resultate 2019

* EBITDA : Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization.
Résultat des activités courantes d’exploitation avant déduction des intérêts (résultat financier), impôts et amortissements des immobilisations corporelles et incorporelles.

Dieses Porträt wurde realisiert in Zusammenarbeit mit

Unterstützt von: