Regioterre ist ein Verein für regionale Vertragslandwirtschaft in St. Gallen. Er vereint Produzent/innen und Konsument/innen und wurde nach dem Vorbild von soliTerre auf Initiative einer Konsumentin im Jahr 2011 gegründet. Im Vorstand sind je mindestens zwei Produzent/innen und Konsument/innen vertreten. Der Verein bietet Gemüseabonnements für seine Mitglieder an und organisiert die Logistik. Insgesamt sechs Landwirtschaftsbetriebe sind Mitglied und liefern ihre Produkte.

Steckbrief

Kontakt

regioterre
c/o Johanna Matjaz
Sonnenstrasse 34
9000 St.Gallen

info@regioterre.sg

Name:  regioterre
Link:  www.regioterre.sg
Ort:  St. Gallen
Rechtsform:  Verein
Mitarbeitende:  Keine Angestellten, 6 Vorstandsmitglieder, 6 Produzent/innen liefern an den Verein, 2 Personen unterstützen beim Abpacken im BEWO (Verein für betreutes Wohnen)
Anzahl Mitglieder:  ca. 170 Abos
Landwirtschaftszone:  nein

Aktivitäten

Regioterre vereint Produzent/innen und Konsument/innen in und um St. Gallen. Insgesamt sechs Biobauern aus der Region liefern Gemüse, Obst und andere Produkte für die Abonnements der Mitglieder. Ein Jahresvertrag für das Abonnement bietet den Produzent/innen fixe Abnahmemengen und faire Preise, die Konsument/innen bekommen im Gegenzug hochwertige biologische Lebensmittel aus der Region: Die beteiligten Betriebe sind alle aus der näheren bzw. weiteren Umgebung von St. Gallen; der nächste 11 km, der weiteste 32 km von St. Gallen entfernt. Die Betriebe sind in unterschiedlichem Ausmass involviert: ein Betrieb liefert das Sommergemüse, zwei Betriebe Wintergemüse, andere Betriebe saisonal Beeren, Obst, Most sowie Rapsöl und Mehl.

Die wichtigste Aktivität von regioterre ist die Koordination der Abonnements und Sonderbestellungen. Der Verein bietet Jahresabonnements für Obst und Gemüse in unterschiedlichen Grössen an, ausserdem Zusatzabonnements für Eier, Butter oder Käse und saisonale Sonder-Bestellaktionen für Mehl, Lagergemüse, Kirschen, Rindfleisch, Suppenhühner, Tofu etc. Nach dem ersten Jahr der Mitgliedschaft können die Abonnements halbjährlich gekündigt werden.

Für die Verpackung und Lieferung der Abonnements arbeitet der Verein mit dem BEWO, Verein für betreutes Wohnen, in St. Gallen zusammen, welcher dafür eine kleine Entschädigung sowie Gemüse und Kilometergeld fürs Ausliefern erhält.

Neben den Abonnements und Sonderbestellungen organisiert regioterre unterschiedliche Anlässe wie die Hauptversammlung, Bräteln, Kürbissuppenessen im Herbst und Anlässe auf Höfen, damit Konsument/innen und Produzent/innen einander treffen und kennenlernen können. Wenn bestimmte Arbeiten wie Heuen, Kirschenernte oder Blacken stechen auf den Höfen anfallen, haben die Mitglieder sporadisch die Möglichkeit mitzuhelfen – ein Angebot, das bisher aber noch nicht sehr stark genutzt wird.

Wer arbeitet mit?

Der Verein ist ehrenamtlich organisiert. Im Vorstand sind Konsument/innen und Produzent/innen gleichermassen vertreten. Die insgesamt sechs Vorstandsmitglieder haben unterschiedliche Hintergründe und Aufgaben. Zu den Aufgaben gehören Logistik, die Werbung und Betreuung der Webseite, die Organisation von Anlässen, die Betreuung der Sonderbestellungen sowie das Abonnementwesen und die Finanzen.

Wichtige Partner sind die Personen bzw. Läden, die die insgesamt zehn Depots in St. Gallen und umliegenden Gemeinden zur Verfügung stellen. Vier davon befinden sich in Läden, eines in einem Co-Working-Space, drei in Garagen und ein weiteres im Keller einer Genossenschaft. Weitere wichtige Partner sind der BEWO in St. Gallen, der das Verpacken und Ausliefern eines Teils der Abonnements übernimmt, sowie die Velokuriere St. Gallen, die seit einem Jahr die Depots in der Innenstadt beliefern.

Geschichte und Zukunft

Regioterre wurde im Jahr 2011 auf Initiative von Konsument/innen gegründet. Vorbild war der Verein soliTerre – Regionale Vertragslandwirtschaft Bern. SoliTerre stand zu Beginn mit Rat zur Verfügung, auch das Logistiksystem von soliTerre konnte übernommen werden. Inzwischen hat auch regioterre auf das von soliTerre gemeinsam mit der Tegonal GmbH entwickelte System OpenOlitor umgestellt.

Die Gründungsmitglieder machten sich auf die Suche nach Betrieben, die bereit waren mitzumachen und Produkte zu liefern und wurden rasch fündig. Der Verein ist über die Jahre stetig gewachsen, innerhalb weniger Jahre hat sich die Anzahl der Abonnements mehr als verdreifacht. Dies ist v.a. der intensivierten Kommunikation nach aussen, durch die Homepage und Social Media, sowie dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit zu verdanken. Zwar gibt es auch jährliche Austritte, meist aufgrund von Wegzug, Trennung oder weil die Bindung durch das Abonnement doch zu gross ist, es kommen aber jährlich eher mehr Abonnements neu dazu.

Ziel ist es, möglichst viele Leute zu erreichen, denen nachhaltiger Konsum ein Anliegen ist. Aus diesem Grund hat regioterre die Produktpalette stetig weiter ausgebaut.

Finanzierung

Regioterre hat sich zum Ziel gesetzt, faire Preise zu bieten. Die Preise werden mit den Produzent/innen gemeinsam festgelegt und zweimal jährlich in eigenen Produzentensitzungen besprochen, in denen auch allfällige Änderungen vorgeschlagen werden. Diese Änderungen müssen dann von der Hauptversammlung genehmigt werden.

Der Verein finanziert sich über Mitgliederbeiträge sowie über eine Marge, die auf den Produktpreis erhoben wird. Für die Vereinsfinanzen ist v.a. diese Marge – und damit die Anzahl der Abonnements – massgebend. Die Marge beträgt insgesamt 25 Prozent, wobei 15 Prozent auf die Produzent/innen und 10 Prozent auf die Konsument/innen fallen. Über diese Marge wird die gesamte Logistik finanziert. Der Mitgliedsbeitrag wurde Anfang 2018 von CHF 50.– auf CHF 20.– herabgesetzt.

Die Arbeit im Verein erfolgt grundsätzlich ehrenamtlich. Die beiden Personen, die für die Logistik und die Betreuung der Abonnements (Bestellungen, Rechnungswesen, Buchhaltung etc.) zuständig sind, erhalten eine Entschädigung in der Höhe von CHF 50.– pro Woche. Auch die beiden Personen, die beim Abpacken im BEWO unterstützen, erhalten eine Entschädigung in dieser Höhe. Neben diesen Entschädigungen sind die Kosten für das Verpacken und Verteilen der Abonnements die grössten Ausgabeposten.

Erfolge

Der wichtigste Erfolgsfaktor ist die Qualität und Vielfalt in den Taschen. Auch eine gute, offene Kommunikation – bei neuen Ideen ebenso wie bei bestehenden Einschränkungen – kommt bei den Mitgliedern gut an. Wichtig ist auch die gute Stimmung im Vorstand und unter den Produzent/innen und dass es Freude macht. Auch die verstärkte Werbung, der Internetauftritt und die Kommunikation auf Facebook haben Wirkung gezeigt: Seither ist regioterre stark gewachsen.

«Es ist sehr schön zu sehen, dass die Arbeit geschätzt wird. Es ist ein sehr schönes Angebot, es gibt immer wieder ein Überraschungspäckli und die Qualität stimmt. Das ist der Antrieb für uns im Vorstand. Die Produzent/innen sind mit Herzblut mit dabei, sie betonen, dass regioterre für sie wichtig ist. Wir sind auf einem guten Weg, es läuft gut. Es wären vielleicht auch noch andere Sachen lässig, aber wir haben eine gute, stabile Variante. Profis machen unser Gemüse. Es macht Freude!»

Nicole Inauen, Vorstandsmitglied

Herausforderungen

Angesichts des Wachstums der letzten Jahre (von 45 Abonnements im Jahr 2015 auf jetzt rund 170) stellt die Logistik derzeit die grösste Herausforderung dar: Das BEWO und einzelne Depots stossen beim Verteilen der Lebensmittel an ihre Grenzen. Auch bei den Produzenten ist wohl bald eine Kapazitätsgrenze erreicht, sodass Wartelisten eingeführt oder neue Lösungen wie die Umstellung auf zwei Liefertage gefunden werden müssten.

Je mehr Taschen, Depots, Abo- und Zusatzabotypen es gibt, desto komplizierter wird die Logistik und Fehler können auftreten. Der Verein setzt hier auf eine gute Kommunikation mit seinen Mitgliedern und hofft auf deren Verständnis. Die Ansprüche der Konsument/innen können hier aber auch einschränkend wirken. Fehlt ihnen das Verständnis für die Abläufe, kommt es zu Reklamationen.

Grenzen ergeben sich auch durch das grosse Mass an ehrenamtlicher Arbeit im Verein. So wäre es etwa spannend, öffentliche Anlässe zum Thema nachhaltiger Konsum zu organisieren, doch es fehlen Leute, die die Organisationsarbeit übernehmen würden. Aufgrund des Wachstums wurde der Aufwand für die Betreuung der Abonnements zunehmend grösser und es wurde daher auch schon überlegt, ob eine gewisse Professionalisierung notwendig ist.

Bezug zur Stadt

Die Mitgliedsbetriebe von regioterre sind biologisch geführte Landwirtschaftsbetriebe aus dem Umkreis von St. Gallen. Wichtigstes Anliegen des Vereins ist es, die Produzent/innen mit den Konsument/innen zu verbinden. Auch wenn sich regioterre selbst nicht als Beispiel für urbane Landwirtschaft sieht, ist das Modell doch für Landwirtschaftsbetriebe sehr interessant, die sich stärker mit der Stadt und der städtischen Bevölkerung vernetzen wollen.

«Ein Verein wie regioterre ist eine ideale Form für einen Betrieb, der sich mehr mit der Stadt vernetzen will. Ein Verein ist eine einfache Form. Das lässt sich gut machen, auch für die Produzent/innen ist das gut umzusetzen und sehr interessant. Das hat Potenzial. Es gibt natürlich schon ein grosses Angebot. Aber der Zusammenhalt ist im Verein grösser, solidarischer. Es gibt mehr Verbindlichkeit.»

Nicole Inauen, Vorstandsmitglied

Stärken

  • Die sechs beteiligten Betriebe sind unterschiedlich stark eingebunden, was die Liefermengen und das Produktsortiment betrifft. Neben den Abos gibt es Zusatzabonnements und Sonderbestellaktionen, z.B. für Mehl, Fleisch und Lagergemüse. Das macht das Modell sehr flexibel und interessant für Landwirtschaftsbetriebe, die einen engeren Bezug zur Stadtbevölkerung bei fixen Abnahmemengen und guten Preisen suchen.
  • Der Verein organisiert die Logistik und schafft damit die Verbindung zwischen Produzent/innen und Konsument/innen.
  • Sozialer Aspekt durch die Partnerschaft mit dem BEWO, die dem Verein sehr wichtig ist.
  • Der Verein bietet mit den Abonnements, Zusatzabonnements und Sonderbestellmöglichkeiten eine breite Produktpalette an. Mitglieder sollen möglichst viele Produkte von regionalen Betrieben erwerben können, um weniger stark auf Einkäufe im Supermarkt angewiesen zu sein.

Die Fotos machte regioterre.