Bedeutende Schweinerassen in der Schweiz
In der Schweiz werden fünf bedeutende Schweinerassen züchterisch bearbeitet. Bei den Mutterlinien werden Schweizer Edelschwein und die Schweizer Landrasse eigenständig, d.h. ohne Genetikzufuhr aus dem Ausland, gezüchtet. Bei den Vaterlinien erfolgt der Zuchtfortschritt bei den internationalen Rassen Duroc und Piétrain mit Genetikimporten. Die als eigene Rasse anerkannte Schweizer Edelschwein-Vaterlinie wird eigenständig gezüchtet und das Sperma dieser Endprodukteber wird unter dem Namen PREMO® verkauft.
Die Schweizer Landrasse ist vorwiegend für fruchtbare und langlebige Kreuzungssauen geeignet, das zahlenmässig weit häufigere Schweizer Edelschwein wird zur Erzeugung von Kreuzungssauen sowie auch als Mutter von Mastferkeln eingesetzt.
Mastferkel mit einem PREMO®- oder einem Duroc-Vater zeigen gute Mastleistungen und eine starke Fleischqualität auf. Die Rasse Piétrain ist vor allem durch seine besondere Fleischfülle bekannt.
Die Rassen Schweizer Edelschwein und PREMO® sind durch entsprechende Selektion bereits vorwiegend reinerbig resistent gegenüber dem Coli-Erreger F18, welcher häufig Ursache der Ödemkrankheit ist. Die anderen Rassen werden diesbezüglich ebenfalls züchterisch selektiert. Zusätzlich auch auf Resistenzen gegenüber dem Coli-Erreger F4, einem Auslöser von Ferkeldurchfall. Die Schweizer Schweinezucht ist bei der Resistenzzucht und wichtigen Gesundheitsmerkmalen beim Schwein schon seit Jahren aktiv und führend.
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Zuchtziele im Zuchtprogramm
Das Schweizerische Zuchtprogramm arbeitet mit spezifischen Mutter- und Vaterlinien, um den Wünschen der nachgelagerten Stufen gerecht zu werden.
Durch die Aufteilung in Zuchtstufen wird das effiziente Produzieren von auf in der Schweiz geltenden Marktbedürfnisse zugeschnittenen möglichst homogenen Mastferkeln gefördert. Während in der Kernzucht der Zuchtfortschritt in den reinrassigen Rassen erarbeitet wird, wird dieser auf der Stufe Vermehrung via Kreuzungs-Jungsauen verbreitet. In der Produktionsstufe wird als Produkt mit der Anpaarung eines leistungsstarken Vaterlinienebers ein Mastferkel mit den gewünschten positiven Eigenschaften bezüglich Zunahmen, Vitalität und Fleischqualität erzeugt.
Um den züchterischen Fortschritt zu erzielen, werden Tiere basierend auf ihren Zuchtwerten ausgewählt und gezielt angepaart (Elitepaarungen).
Abbildung 1: Zuchtprogramm mit Vater- und Mutterlinie (vereinfacht nach Suisag).
Für die Zuchtwertschätzung der Reproduktions-, Produktions- und Exterieurmerkmale werden Ergebnisse aus verschiedenen Leistungsprüfungen verwendet. Bei praktisch allen Rassen wird inzwischen die Zuchtarbeit und die Zuchtwertschätzung mit dem Verwenden von DNA-Information ergänzt. Die Zuchtwerte verschiedener Merkmale werden entsprechend der Zuchtziele der einzelnen Rassen gewichtet und fliessen so in den Gesamtzuchtwert eines Tieres ein.
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Genomisch optimierte Zuchtwertschätzung
Die Zuchtwertschätzung ist ein Instrument, um Information über die Erbanlagen eines Tieres zu erhalten. Ein Zuchtwert gibt an, welche Leistungen von den Nachkommen eines Tieres erwartet werden können.
Ohne genomische Zuchtwertschätzung wurden vorher die Leistungen des Tiers selbst, seiner Verwandten und, falls vorhanden, seiner Nachkommen erfasst. Erst wenn die Nachkommen Leistungen erbringen, fliessen diese Daten ein und der Zuchtwert kann genauer geschätzt werden.
Die genomisch optimierte Zuchtwertschätzung berücksichtigt zusätzlich Informationen aus der DNA der zu schätzenden Tiere. Dazu werden dem Tier Haare entnommen und seine darin enthaltene DNA wird an 60‘000 Positionen (SNP) analysiert und mit der Referenzpopulation der entsprechenden Rasse verglichen.
Somit stehen für Jungtiere, welche selber noch keine Nachkommen generiert haben, bereits früh im Leben genauere Informationen zur Verfügung. Damit können die unterschiedlichen Vererbungspotentiale z.B. zwischen Vollbrüdern schon früh eingeschätzt werden. Dies ermöglicht einen besseren und schnelleren Zuchtfortschritt, da genauer selektiert werden kann.
Die genomisch optimierte Zuchtwertschätzung ist aktuell in der Schweiz für das Schweizer Edelschwein und PREMO® etabliert und wird auch für die Landrasse eingeführt.
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Feldprüfung
Die Feldprüfung ist eine Eigenleistungsprüfung an lebenden potentiellen Zuchttieren auf dem Zuchtbetrieb. Sie besteht aus der Ultraschallmessung und der Linearen Beschreibung (LB) des Exterieurs der Tiere.
Die Vorteile der Feldprüfung sind, dass diese einerseits die einzige Prüfung zur Unterscheidung von Wurfschwestern und andererseits eine einfach durchführbare, kostengünstige Prüfung an lebenden Selektionskandidaten ist. Die Resultate der Feldprüfung von Jungsauen aus Elitepaarungen fliessen zudem in die Zuchtwertschätzung von männlichen Wurfgeschwistern mit ein.
Bei der Ultraschallmessung werden die Rückenspeckdicke und die Muskeldicke zur Abschätzung des Magerfleischgehaltes erhoben. Zusätzlich wird das Lebendgewicht zur Berechnung der Lebendtagzunahmen erfasst. Diese Leistungsdaten fliessen in die Zuchtwertschätzung für Produktionsmerkmale mit ein.
Bei der Linearen Beschreibung (LB) werden wirtschaftlich relevante Exterieurmerkmale im Feld und der Station beschrieben
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Stationsprüfung
Zuchteberkandidaten werden zentral in der Mast- und Schlachtleistungsprüfanstalt aufgezogen und geprüft. Die Vorteile einer Stationsprüfung sind einerseits die Infrastruktur, welche es erlaubt, aufwändige Merkmale, wie z.B. der Futterverzehr je Einzeltier, zu erheben. Andererseits können die Eber und deren Vollgeschwister so unter den gleichen Bedingungen gehalten und geprüft werden.
Abbildung 2: Ablauf der Zuchtwertschätzung für Produktions- bzw. Exterieurmerkmale (nach Suisag).
Durchgeführt werden die Vollgeschwisterprüfung (Geschwister der Eberkandidaten) und die Endprodukteprüfung (Nachkommen aller neuen Vaterlinien-KB-Eber). Diese Tiere liefern nach der Schlachtung auch wichtige Daten für die in der Schweiz einzigartig wichtige Fleischqualität. Die Ebereigenleistungsprüfung besteht aus der Bewertung der Fleischigkeit und der linearen Beschreibung des Exterieurs.
Für die Zuchtwertschätzung werden nebst den Resultaten der Stationsprüfung auch die Daten der Feldprüfung berücksichtigt. In die Zuchtwertschätzung Produktion fliessen zusätzlich Schlachthofresultate mit ein. Diese umfangreichen Prüfungen führen zu möglichst genau geschätzten Zuchtwerten in allen erhobenen Merkmalen. Damit verfügen die geprüften KB-Eber der SUISAG in der Schweiz über sicherere Vererbungswerte.
Prüfresultate werden regelmässig in der Fachpresse und online veröffentlicht.
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Herdebuch
Die Herdebuchführung ist die Grundlage für ein nutzungsbringendes Zuchtprogramm und liefert eine aktuelle Übersicht der Zuchttiere sowie wichtige Daten für die Zuchtwertschätzung.
Verantwortlich für die Führung des Herdebuchs und der Definition der Herdebuch-Richtlinien ist der Schweizerische Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband Suisseporcs. Die praktische Umsetzung wie das Abschliessen von Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit Herdebuchbetrieben, das Tagesgeschäft mit den Züchtern und Züchterinnen, die Erfassung und/oder Kontrolle der Zuchtdaten, die Probenverwaltung und vieles mehr sowie die finanziellen Aspekte unterliegen der SUISAG. Sie teilt die Herdebuch-Betriebe in die drei Zuchtstufen mit den unterschiedlichen Anforderungen an die Betriebe ein: Kernzucht, Vermehrung und Eigenremontierung. Mittlerweile können auch Mastferkelproduktionsbetriebe gegen entsprechende Entschädigung Auswertungsdienstleistungsangebote oder Zuchtberatungen ausserhalb des Herdebuchs nutzen.
Das Herdebuchreglement definiert minimale sowie zuchtstufenspezifische Anforderungen an alle Herdebuchbetriebe und -tiere. Diese werden jährlich durch die SUISAG überprüft.
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Künstliche Besamung (KB)
Bei der künstlichen Besamung von Schweinen wird in der Praxis überwiegend mit Frischsperma gearbeitet. Dieses ist bis 7 Tage haltbar. Der grosse Vorteil der künstlichen Besamung ist die Garantie von Qualitätsstandards bezüglich der Sanitarischen Sicherheit, aussagekräftiger Zuchtwerte, kontrollierter Spermaqualität und einer kundenorientierten Verfügbarkeit und Logistik zu günstigen Preisen.
Der Besamungszeitpunkt sollte dem individuellen Brunstverhalten der Tiere angepasst werden. Im Durchschnitt findet der Eisprung nach 40-48h nach Einsatz der Brunst statt. Frührauschende Sauen weisen eine Brunst mit über 72h Duldungsreflex auf, spätrauschende Sauen rauschen vorwiegend ca. 24h. Der Eber ist generell der treffsicherste Brunstbeobachter. Auch bei künstlicher Besamung ist die Anwesenheit eines Stimulationsebers hilfreich für gute Besamungsergebnisse.
Für erfolgreiches Besamen ist zudem auf die Hygiene im Deckstall und auf ein fachgerechtes Katheterhandling zu achten.
Das Führen eines Besamungsprotokolls inklusive Absetzdatum, Rauscheintritt, Duldungsdauer und Besamungszeitpunkt ist unerlässlich. Für Eigenbestandsbesamungen ist eine entsprechende Ausbildung mit Befähigungsnachweis vorgeschrieben. Diese Kurse werden durch die SUISAG durchgeführt.
Weitere Informationen zur künstlichen Besamung hier.
Deckebermanagement
Der Zukauf junger Eber sollte ausschliesslich von SGD-AR Eberzuchtbetrieben erfolgen. Dies aus sanitarischen sowie auch aus züchterischen Gründen. Zur optimalen Angewöhnung an Umgebung und Personen sollte den Jungebern genügend Zeit gegeben werden. Der erste Deckeinsatz sollte daher erst 2-3 Wochen nach Ankunft auf den Betrieb erfolgen. Am besten werden Jung- und Alteber 2-3 Monate überschneidend am Betrieb gehalten.
Die Erfassung von Deckakten sollte analog zur künstlichen Besamung dokumentiert werden.
Für die künstliche Besamung sind Eber zur Stimulation notwendig. Sucheber werden 3 Wochen nach der Besamung eingesetzt, um umrauschende Sauen zu erkennen.
Wenn der Eber Beeinträchtigungen während des Transportes erlitten hat oder nicht deckt, sollte fristgerecht bis 2 Monate nach der Ankunft beim Lieferanten reklamiert werden.
Weitere Informationen zum Management von Deckebern hier.