Abstammung des Hausschweins

Das Schwein wird zu den höckerzähnigen Paarhufern gezählt und gehört zu den Schweineartigen. Es stammt von Arten des eurasischen Wildschweins ab und kann in vier Gattungen unterteilt werden: das afrikanische Waldschwein, das afrikanische Warzenschwein, die Fluss- und Höckerschweine und das echte Schwein. Als Stammeltern werden das Wildschwein aus Mitteleuropa, das Sardenschwein aus dem Mittelmeerraum und das asiatische Bindenschwein angesehen.

Tabelle 1: Systematik der Schweine.
Unterstamm Wirbeltiere
Klasse Säugetiere
Unterklasse Höhere Säugetiere
Ordnung Paarhufer
Unterordnung Schweineartige
Familie Echte Schweine
Gattung Sus
Art Sus scrofa domestica

Verhalten von Schweinen

Hausschweine unterscheiden sich sowohl anatomisch wie auch physiologisch von Wildschweinen, weisen aber ähnliche Verhaltensweisen auf. Sie leben in kleinen Gruppen (ca. 20 adulte Tiere), die aus weiblichen Tieren und ihren Nachkommen sowie der jährigen Eber bestehen. Männliche Tiere trennen sich in der Regel in einem Alter von 1–1.5 Jahren von den Gruppen und anschliessend eine Zeit in Junggesellengruppen. Sobald die Paarungszeit einsetzt, leben sie allerdings alleine.

Sozialverhalten

Schweine besitzen ein ausgeprägtes Sozialverhalten und „beknabbern“ sich hin und wieder gegenseitig (© AGRIDEA).

Schweine sind sehr soziale Tiere, die, unter naturnahen Bedingung, über 10 % ihrer aktiven Tageszeit mit Sozialkontakt verbringen (Interaktion, Kommunikation etc.). Der Hauptsinn der Schweine ist das Riechen, weshalb ihre Kommunikation primär über den Geruch und Nasenkontakte stattfindet. Zusätzlich nutzen sie Laute, Rangkämpfe und Mimik, um in unterschiedlichen Situationen zu kommunizieren.

Die Sozialstruktur beruht auf dem Prinzip einer Rangordnung, welche dafür sorgt, dass der Zugang zu Ressourcen (Futter, Liegeplätze etc.) innerhalb einer etablierten Gruppe geregelt ist. Kommen neue Gruppenmitglieder hinzu oder werden Jungtiere bspw. geschlechtsreif, wird diese meist innerhalb der ersten 24 h neu ausgefochten. Gewicht, Erfahrung oder auch Temperament des Tieres sind wichtige Faktoren, die den Rang in der Gruppe beeinflussen.

Bewegung, Ruhe und Erkundungsverhalten

Der Tagesablauf von Schweinen ist zeitlich und räumlich klar definiert und strukturiert. In der Natur geht Bewegung und Erkundungsverhalten meist mit der Futtersuche einher, wobei Wildschweine bis zu 6 km am Tag zurücklegen. Auch, wenn Wildschweine meist in der Dämmerung anzutreffen sind, liegt ihre Hauptaktivitätszeit natürlicherweise am Tag, da ihr Sehvermögen stark von den Lichtverhältnissen abhängt. Schweine sind entgegen der weit verbreiteten Meinung auch gute Schwimmer. Zum Schlafen oder Ruhen nutzen Schweine gerne witterungsgeschützte Nester, die von der gesamten Gruppe genutzt werden, und einen guten Überblick über den Ruheplatz bieten. Sie werden täglich ausgebessert. Auch bei Hausschweinen ist zu beobachten, dass sie den Boden vor dem Abliegen mit der Schnauze bearbeiten. In Tiefstreu bauen sie sich gerne Liegemulden.

Reinlichkeit

Schweine sind ausgesprochen reinliche Tiere und legen Kot- und Harnplätze an. Sie vermeiden es in unmittelbarer Nähe ihres Liegebereiches Kot oder Harn abzusetzen (im Freiland bis zu 15 m entfernt, Absatz ca. 4–5 x pro Tag). Dieses Reinlichkeitsverhalten wird stalltechnisch in der Regel durch vordefinierte Kotbereiche genutzt. Nehmen die Tiere diesen Bereich nicht gut an, kann es helfen ihn anzufeuchten oder durch Kot und Harn anderer Schweine zu „markieren“.

Fortpflanzung

Auch das Fortpflanzungsverhalten wird stark durch den Geruchssinn bestimmt. Der Eber kontrolliert durch Beriechen des Anogenitalbereiches (Vulva, Damm und Analregion) der Sau, ob sie brünstig ist. Bleibt die Sau in der Nähe des Ebers, nimmt er nasal Kontakt mit ihr auf und prüft anschliessend durch Flankenstösse, ob die Sau paarungsbereit ist. Sie zeigt dies durch deutliche Anzeichen, wie leichtes Spreizen der Beine, die Vorderbeine nach vorne und die Hinterbeine nach hinten gelagert sowie die Bewegung der Ohren nach vorne und hinten. Sind Sauen in der Rausche, kommt es auch vor, dass sie sich gegenseitig bespringen oder andere Verhaltensweisen der Eber nachahmen (Flankenstösse, Beriechen). Dieses Verhalten, wie auch der Kontakt zu einem Eber, kann positive Auswirkungen auf die Brunst haben und sie sowohl auslösen, stimulieren wie auch synchronisieren. Verstärkt werden kann dieser Effekt, wenn der Eber nicht dauerhaft bei der Gruppe ist (ohnehin nicht empfehlenswert), sondern täglich nur ein paar Minuten indirekten Kontakt zu den Sauen hat. Wichtig während der Brunst ist, dass Sauen aufgrund ihrer gestiegenen Körpertemperatur ein erhöhtes Abkühlungsbedürfnis haben, dass beachtet werden sollte.

Achtung: Entsprechend ihres natürlichen Sozialverhaltens sollten adulte Eber nicht zusammengehalten werden, da sie, vor allem im Beisein brünstiger Sauen, starke Aggression gegeneinander zeigen.

Komfortverhalten

Suhlen hilft Schweinen ihre Körpertemperatur zu regulieren (© AGRIDEA).

Schweine können viele Bereiche ihres Körpers nicht mit ihrer Schnauze oder den Hinterbeinen erreichen, weshalb sie sich zur Reinigung und Pflege gerne an Gegenständen reiben oder auch suhlen. Meist be ginnen sie dabei mit dem Kopf und arbeiten sich über den Hals bis zum hinteren Körperbereich vor. Trotz ihres ausgeprägten Sozialverhaltens kommt es selten vor, dass Schweine sich gegenseitig pflegen. Wenn sie es dennoch tun, ist es in der Regel ein gegenseitiges „Beknabbern“.

Das Suhlen der Schweine dient vor allem der Regulierung der Körpertemperatur (Verdunstungskälte), da sie ihre Körpertemperatur ansonsten nur über die Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum regulieren können. Zudem schützt es die Haut vor Sonneneinstrahlung und Parasiten. Idealerweise nutzen sie dazu Schlamm, da das Wasser aus dem Schlamm langsamer verdunstet. Schweine suhlen sich bereits ab einer Aussentemperatur von 18 °C.

Tipp: Das Anbringen von Scheuermöglichkeiten (Pfähle, Balken, Feldsteine im Auslauf) erleichtert den Schweinen in Stallhaltung die Körperpflege und kann Beschädigungen in der Bucht reduzieren.

Detaillierte Informationen zum Verhalten von Schweinen können hier nachgelesen werden.

Sinne

Hauptsinn der Schweine ist das Riechen. Sie sind Makrosmaten („Nasentiere“), was bedeutet, dass ihr Geruchssinn eine entscheidende Rolle spielt. Sie benötigen ihn zur Nahrungssuche, der Individualerkennung, zum Reproduktionsverhalten und dem Erkennen von Territorien. Dabei nutzen sie spezielle Geruchsdrüsen: Augendrüsen, Carpaldrüsen, Präputialdrüsen (Eber). In Bezug auf ihren Geschmackssinn bevorzugen sie süsses Futter. Sie vermeiden dagegen Salziges und Saures.

Neben dem Riechen und Schmecken, ist vor allem die Rüsselscheibe der Schweine besonders gut geeignet zum Tasten und spielt daher auch bei der Nahrungssuche eine wichtige Rolle. Sie ist dabei ähnlich sensibel wie eine menschliche Hand (gleiche Anzahl an Tastsinneszellen).

Auch das Gehör von Schweinen ist sehr gut ausgeprägt und reicht von 42 Hz bis 40 kHz (Optimaler Bereich des Hörens: 8 kHz). Schweine nutzen ihr Gehör, um miteinander zu kommunizieren, sich zu erkennen und Gefahr frühzeitig wahrzunehmen.

Im Gegensatz zu ihrem Geruchs- und Tastsinn sowie ihrem Hörvermögen, ist das Sehvermögen von Schweinen nicht sehr gut entwickelt. Sie können zwar Farben erkennen, haben aber Schwierigkeiten dunkle Farbtöne zu differenzieren. Beträgt die Beleuchtungsstärke weniger als 12 Lux reduziert sich ihre Sehkraft (Schärfe, Farbdifferenzierung). In der Dämmerung und der Dunkelheit ist ihr Sehvermögen mit dem von Menschen vergleichbar.

Allgemeine Anatomie und Physiologie

Verdauungssystem

Die Verdauung des Schweins beginnt bereits in der Maulhöhle mit der Zerkleinerung des Futters und leichter enzymatischer Aktivität. Neben der Maulhöhle gehören die Speiseröhre, der Magen sowie die unterschiedlichen Darmabschnitte zum Verdauungsapparat eines Schweins hinzu (siehe auch Kapitel „Fütterung“ oder „Darmabschnitte“).

Gebiss

Das ausgewachsene Hausschwein besitzt 44 Zähne und spiegelt das typische Gebiss eines Allesfressers wieder – in jeder Kieferhälfte je 3 Schneidezähne (insg. 12; Incisivi (I)), je einen Eckzahn (insg. 4; Caninus (C)) sowie insgesamt 28 Backenzähne (vordere (Prämolare, P) + hintere (Molare, M). Neugeborene Ferkel haben ein Milchgebiss mit insgesamt 28 Milchzähnen (keine Molaren, nur drei Prämolaren). Die Eckzähne sind sehr scharf und können die Sau oder die Geschwister verletzen, weshalb sie abgeschliffen werden können. Anhang der Zahnforme, welche nur eine Hälfte des Ober- und Unterkiefers abbildet, von Ferkeln und adulten Schweinen ist die Entwicklung leicht zu erkennen.

Mit den vorderen spitzen Backenzähnen (je 4 pro Kiefer pro Seite) werden feste Nahrungsbestandteile zerrissen (z. B. Fleisch) und mit den hinteren stumpferen Backenzähnen (je 3 pro Kiefer pro Seite) die Pflanzenteile zermalmt. Bei der Sau sind die Eckzähne etwa so groß wie die Schneidezähne. Beim Eber sind sie hingegen sehr groß und werden auch Hauer genannt.

Zahnformel eines Ferkels:

Zahnformel eines adulten Schweins:

Darmabschnitte und Passagezeit

Die Darmpassagedauer beträgt beim Schwein je nach Futter zwischen 2.5 und 3 h im Dünndarm und 30–33 h im Dickdarm. Betrachtet man den gesamten Verdauungsapparat, beginnt die Ausscheidung nach ca. 11–13 h (max. 12–24 h) bei der Morgenfütterung und 13–15 h (max. 24–36 h) nach der Abendfütterung und endet nach ca. 4–5  Tagen (Abb. 1).

Abbildung 1: Darmabschnitte eines Hausschweins.

Geschlechtsorgane der Sau

Hauptstrukturen des Fortpflanzungstrakts der Sau sind die Eierstöcke. Sie liegen im Becken, produzieren Follikel, setzen Eier frei und produzieren Hormone. Die Eierstöcke stehen über die Eileiter mit dem Uteruskörper in Verbindung. In den Eileitern findet die Befruchtung statt. Die zwei dünndarmschlingenähnlich gewundenen, dickwandigen und sehr lang ausgeprägten Uterushörner gehen links und rechts vom Uteruskörper ab. Sie dienen als Passage für Spermien, um den Eileiter zu erreichen, damit eine Befruchtung stattfinden kann. Während der Brunst erweitern sich die Uterushörner. Während der Paarung oder der künstlichen Besamung werden Spermien im Gebärmutterhals abgelegt. Der Gebärmutterhals ist der Bereich zwischen Scheide und Gebärmutter. Während der Brunst erweitert sich der Gebärmutterhals und verengt sich anschliessend wieder.

Der äußere Teil des Fortpflanzungstraktes wird als Vulva bezeichnet. Dieser Bereich ist während der Brunst rot und geschwollen (siehe auch Brunstanzeichen). Dies ist ein physikalischer Weg, um festzustellen, ob die Sau brünstig ist oder nicht. Zwischen dem Gebärmutterhals und der Vulva befindet sich die Vagina, die für Schmierung und Empfindung sorgt.

Abbildung 2: Uterus einer Sau (1: Eierstock, 2: Uterushorn, 3: Uteruskörper, 4: Zervix, 5: Vagina, 6: Urethramündung).  

Geschlechtsorgane des Ebers

Der Penis ist das Begattungsorgan des Ebers. Er wird durch das Präputium (auch Vorhaut) geschützt. Die Spitze des Penis eines Ebers ähnelt der Form eines Korkenziehers. Auf diese Weise kann der Eber halt in der Zervix der Sau finden. Ausserdem kann er durch die S-förmige Krümmung länger werden, um möglichst weit in den Uterus der Sau eindringen zu können. Im ausgeschachteten Zustand ist der Penis bis zu 60 cm lang. Die Bildung der Samenzellen findet in den Hoden statt, welche dann in den Nebenhoden zu Spermien heranreifen. Dort werden sie auch gespeichert.

Die Harnröhre schliesst an die Harnblase an und endet an der Penisspitze mit einer schlitzförmigen Öffnung. Der Samenleiter mündet in die Harnröhre, wodurch diese zum Harn-Geschlechtskanal wird. Damit transportiert sie sowohl Harn als auch Spermien sowie Sekrete der Geschlechtsanhangsdrüsen (Cowpersche Drüsen, Prostata, Samenblasendrüse). Diese scheiden unter anderem Sekrete aus, die vor der Ejakulation die Harnröhre reinigen, den Samen bei der Ejakulation verdünnen und am Ende der Ejakulation die Cervix der Sau abdichten.

Abbildung 3: Geschlechtsorgane des Ebers (1: Scrotum, 2: Hoden, 3: Nebenhoden, 4: Samenleiter, 5: Harnblase, 6: Samenblasendrüse , 7: Cowpersche Drüse, 8: Präputium, 9: Penis, 10: Präputialbeutel).

Physiologie und Blutbild

Tabelle 1: Physiologische Daten von Eber, Sau und Ferkeln (Baumgartner, 2005).
Tabelle 2: Blutwerte des Schweins (nach Reiner, 2015).
Tabelle 3: Menge und Zusammensetzung von Kot und Urin (Baumgartner, 2005).

Reiner, G. (2015). Krankes Schwein – kranker Bestand. UTB.

Baumgartner, W. (2005). Klinische Propädeutik der inneren Krankheiten und Hautkrankheiten der Haus- und Heimtiere. Stuttgart

Alternative Rassen

Neben den in der Schweiz verbreiteten Rassen „Schweizer Edelschwein“, „Schweizer Landrasse“, „Duroc“, „Pietrain“ sowie deren Kreuzungslinien, gibt es noch weitere, alternative Schweinerassen zur Fleischproduktion, welche aber kaum bis keine wirtschaftliche Bedeutung haben.

Das Schwarze Alpenschwein

Geflecktes Alpenschwein (© Pro Specia Rara).

Das schwarze und gefleckte Alpenschwein basiert auf Restpopulationen des schwarzen Veltliner/Bündner‐Schweines, dem gescheckten Samolaco‐ und dem getupften Ultner‐Schwein. Es ist eine kleine bis mittelgrosse Schweinerasse mit gedrungenem kurzem Körper, die aber vergleichsmässig lange Beine besitzt, wodurch sie sich sehr gut im Berg bewegen kann. Weitere Merkmale und Zuchtziele dieser Rasse:

  • Robustheit und Widerstandsfähigkeit
  • kaum anspruchsvoll gegenüber Futter
  • extensive Freilandhaltung möglich
  • Stressresistenz
  • ausgeprägter Mutterinstinkt
  • 8–12 Ferkel (3 x in zwei Jahren)

Nachdem die Tiere beinahe ausgestorben waren, wurde die Zucht 2013 wieder aufgenommen und wird durch Pro Patrimonio Montano in einem Zuchtprojekt zur Erhaltung dieser Tiere gefördert.

Das Wollschwein (Mangalitza)

Wollschweine im Stroh (© Pro Specia Rara).

Das Wollschwein kommt ursprünglich aus osteuropäischen Ländern (v. a. Ungarn). Es gibt zwei Typen, welche auf die Szalontaer- und die Bakonyer-Schweine zurückzuführen sind. Es ist vor allem für seine Speckqualität bekannt. Sie haben eine kleine, gedrungene Statur und ein gelocktes Haarkleid, welches ihnen das typische Aussehen verleiht.

Weitere Merkmale und Zuchtziele dieser Rasse sind:

  • Robustheit
  • Geländegängigkeit
  • dunkles Fleisch mit leichter Marmomierung
  • gute Klimaverträglichkeit
  • extensive Freilandhaltung möglich
  • Landschaftspflege
  • hohe Stressresistenz
  • hoher Bewegungsdrang
  • kräftiges Fleisch mit gutem Wasserhaltevermögen
  • beschränktes intramuskuläres Fett
  • ausgeglichenes, langsames Wachstum
  • mittlerer Zuwachs
  • 4–8 Ferkel (3x in zwei Jahren)