Handlungsmöglichkeiten für “Delegierten”-Verbände?

Die bestehenden landwirtschaftlichen Vereine bzw. Verbände lassen sich zwei Kategorien unterschieden:

  • „Entsender-Verbände/-Vereine“: Sie sind meist auf lokaler Ebene und/oder in fachlich „kleineren“ Strukturen organisiert.
  • „Delegierten-Verbände/-Vereine“: Diese sind meist als Zusammenfassung mehrerer kleiner Vereine/Verbände (regionale oder fachliche „Dachverbände“/Gremien, „Experten-Verbände-/Organisationen mit Vertretenden verschiedener Bereiche) organisiert.

Diese  Tatsache bringt Herausforderungen mit sich, die auch im Projekt PFO spürbar waren und die es  schwer machten im Rahmen der Pilotmassnahme “Recrutement” erfolgreiche Massnahmen umzusetzen: So waren im Unterprojekt Rekrutierung von der 1. Kategorie, den “Entsender-Verbänden”, lediglich „Frauen-Vereine“ beteiligt. Entsender-Verbände, in denen mehrheitlich Männer aktiv sind, waren nicht Partner bei diesem Unterprojekt. Von der 2. Kategorie, den „Delegierten-Verbänden“, waren wichtige Vertreter Projektpartner. Diese erklären, dass sie mehr Frauen als Delegierte bzw. Gremienmitglieder wünschen. Sie wenden aber gleichzeitig ein, dass sie nicht wissen, was sie dazu beitragen könnten, weil die Mitgliedsvereine entscheiden, wen sie entsenden. Die Projektpartner bestätigen damit das „Pyramiden-Phänomen“, das bereits im Rahmen des Projekts FARAH erkannt und beschrieben wurde.

Link zum Projekt FARAH (nur Französisch): Rapport final FARAH

Ergebnisse:

Die direkte Ansprache und Ermutigung von Frauen für Gremienarbeit wurde bereits im Projekt FARAH  als förderlich erkannt, um den Frauenanteil in landwirtschaftlichen Organisationen zu erhöhen. Im Unterprojekt „Rekrutierung“ erwies sich diese Massnahme jedoch aufgrund der pyramidalen Struktur der  landwirtschaftlichen Organisationen als für die Projektpartner kaum umsetzbar. Eine positive Veränderung im  Sinne der angestrebten Erhöhung des Frauenanteils in der landwirtschaftlichen Vertretungsarbeit konnten im Unterprojekt Rekrutierung daher auch nicht festgestellt werden.

Folgende Erkenntnisse lassen sich festhalten:

  • Die Motivation und der Veränderungswunsch hin zu einer verstärkten Partizipation von Frauen in der Vertretungsarbeit ist bei den Projektpartnern vorhanden.
  • Direkte Ansprache und Ermutigung von Frauen zur Mitarbeit in den Gremien durch “Delegierten-Verbände” sind unpassende Massnahmen, weil die “Delegierten-Verbände” nicht über die Entsendung bestimmen.
  • Die Ansprache muss in den “Entsender-Verbänden” geschehen.
  • Es ist unbekannt, wie “Entsender-Verbände” mit mehrheitlich männlichen Mitgliedern zur Teilnahme am Unterprojekt hätten motiviert werden können.
  • Solange in “Entsender-Verbänden” fast nur Männer Mitglieder sind und solange von den “Delegierten-Verbänden” Vorgaben zur Delegation fehlen, die zu einer Erhöhung des Frauenanteils beitragen könnten, sind Veränderungen eher nicht zu erwarten. Denn: Zumeist erledigt sich das Thema unter anderem mit Feststellungen wie: „Wir haben ja gar keine bzw. fast keine Frauen“ – scheinbar – von selbst.

Schlussfolgerungen für weitere Aktivitäten:

  • Möglicherweise ist der Veränderungsdruck zu gering und man muss hinzunehmen, dass der Frauenanteil in den landwirtschaftlichen Organisationen tief ist.
  • Das bewährte und bekannte Instrument, den Minderheiten-Anteil zu erhöhen, ist eine Quotenregelung. Doch  selbst für die Zusammensetzung des Bundesrates wurde, wie sich bei der jüngsten Nachbesetzung zeigte, just das Geschlecht explizit als Kriterium verworfen: Die Geschlechterquote als Argument für Kandidatur und Wahl einer Bundesrätin wurde abgelehnt. Hingegen wurden und werden mehrere informelle Quotenvorgaben bei der Kandidatur und Wahl seit Jahrzehnten berücksichtigt (Parteizugehörigkeit, Landesteil- und Landessprachevertretung, Konfession, Fachgebiet, etc., etc.).
  • Daraus folgt für die landwirtschaftlichen Organisationen: Es ist zwar bekannt, WAS wirksam zu einer Erhöhung des Minderheiten (respektive Frauen)-Anteils beitragen könnte: nämlich die Festlegung einer Quote – und zwar von mindestens einem Drittel.
  • Gleichzeitig zeigte eine einzige Diskussion mit dem Ziel, das Interesse der Vertreter von “Delegierten-Verbänden” in diese Richtung auszuloten, klar auf, dass die Einführung einer Frauenquote bei den “Entsender-Verbänden” weder während der Projektdauer als Lösung infrage kam noch eine taugliche Lösung für die nahe Zukunft wäre.

Ein gemeinsame Absichtserklärung als Weg?

Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde am PFO Workshop im August 2018 beschlossen,  für das Projekt PFO eine Schlussdeklaration ohne Quotenregelung zu erarbeiten (siehe Protokoll des PFO-Workshops). Als gemeinsame Absichtserklärung der unterzeichnenden Organisationen hat sie hohen symbolischen Wert und soll dazu beitragen, der Förderung einer ausgewogenen und gleichwertigen Beteiligung von Männern und Frauen in landwirtschaftlichen Organisationen vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken.

Link zur Kopie der signierten Schlussdeklaration PFO: Schlussdeklaration PFO