Evaluation der Frauenbeteiligung im Schweizer Bauernverband (SBV)

Ziele und Aktivitäten

Bisher fehlte ein Überblick über die Beteiligung der Frauen im SBV. Daher wurde im Rahmen dieser Pilotmassnahme eine Bestandsaufnahme der Beteiligung von Frauen in Vorständen auf kantonaler Ebene sowie für einzelne Kantone auf regionaler Ebene bzw. auf Ebene der Fachkommissionen durchgeführt. Ausserdem wurden engagierte Frauen interviewt, um mehr über ihre Beweggründe, ihr Erleben und die Perspektiven für ihr Engagement zu erfahren sowie fördernden und hindernden Faktoren für die Beteiligung von Frauen in landwirtschaftlichen Gremien genauer auf den Grund zu gehen.

Methoden

  • Erhebung der aktuellen Beteiligung von Frauen im SBV (kantonal sowie für einzelne Kantone regional bzw. auf Ebene Fachkommissionen)
  • Durchführung von qualitativen Interviews (Leitfaden) mit Frauen, die auf kantonaler Ebene im SBV engagiert sind

Erfolgsfaktoren

  • Zweck & Ziele klären: Welche Erkenntnisse soll uns die Erhebung bringen?
  • passende Methodenwahl
  • sich ausreichend Ressourcen für die Durchführung sichern
  • gute Verankerung der Massnahme in der betroffenen Organisation
  • sich rechtzeitig Rückhalt für Folgemassnahmen verschaffen
  • Im eher konservativen Umfeld der landwirtschaftlichen Organisationen ist ein Vorgehen in kleinen Schritten erfolgsversprechender.

Stolpersteine

  • Falsche Erwartungen: Das Ergebnis von Erhebungen ist ein Bericht, der Überblick gibt. Was draus gemacht wird, ist offen.
  • Mit der Analyse sind noch keine konkreten Massnahmen umgesetzt.
  • Für eine Veränderung braucht es die Bereitschaft, aktiv zu werden und konkrete Schritte zu setzen.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme geben einen Eindruck vom aktuellen Stand der Frauenbeteiligung im SBV und vermitteln einen Einblick in die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen, die in Vorständen von Organisationen des SBV engagiert sind. Ausserdem ergeben sich daraus Ansatzpunkte für konkrete Massnahmen, die dazu beitragen können, die Frauenbeteiligung in den Vorständen des SBV zu erhöhen.

Was verhindert ein Engagement von Frauen?

  • Auf individueller Ebene werden fehlender Mut, fehlendes Selbstvertrauen und fehlendes Bewusstsein für das eigene Potenzial genannt. Wenn Frauen Fachwissen, wie betriebs- und produktionstechnisches Wissen, und Erfahrungen fehlen, dann sehen sie keine Legitimation für ein Amt. Zudem steht ein mögliches Engagement in Konkurrenz mit anderen Freizeitangeboten.
  • Auf familiärer Ebene sind es vor allem kleine Kinder, die fehlende Unterstützung durch die Familie oder ein Engagement des Mannes, die ein Engagement verhindern.
  • Als betriebliche Faktoren wurden fehlende Zeit bzw. fehlendes Geld – und damit verbunden die Notwendigkeit eines Nebenerwerbes – sowie die zeitliche Belastung durch eine Hofübernahme (vor allem bei jüngeren Frauen/Familien) genannt.
  • Zu den gesellschaftlichen Faktoren zählen der Wandel hinsichtlich ehrenamtlicher Arbeit, bestehende Rollenvorstellungen und -zuschreibungen sowie die negative Bewertung von engagierten Frauen.
  • Auf Ebene der Organisationen sind Gleichstellung und Chancengleichheit in der Regel kein Thema. Delegationsmechanismen führen dazu, dass von den wenigen Frauen, die auf regionaler Ebene vertreten sind, noch weniger auf höherer Ebene ankommen. Erwähnt wurde auch das fehlende Engagement der Branchen für eine höhere Frauenbeteiligung.
  • Zudem setzt die Arbeitsaufteilung zwischen den Organisationen die traditionelle Rollen- bzw. Themenaufteilung auf dem Betrieb tendenziell fort. Frauen sind teilweise aufgrund ihrer Funktion bei der Bäuerinnen-Vereinigung im Vorstand des Bauernverbands. Sie verstehen sich damit als Vertreterinnen der Bäuerinnen im SBV und setzen sich vor allem für traditionell den Frauen zugeordnete Themen ein.
  • Die unterschiedliche finanzielle Situation der Organisationen führt ausserdem dazu, dass Frauen für ihr Engagement auch finanziell eine andere Ausgangslage vorfinden. Nicht entlohnte Milizarbeit erschwert es – aus finanzieller Sicht – Engagement, Familie und Betrieb miteinander zu vereinbaren und wirkt sich auch auf die Möglichkeiten der Frauen aus, sich in Netzwerken einzubringen und ihr Netzwerk zu erweitern.

Insgesamt fällt auf, dass bestehende Strukturen und Verhältnisse eher weniger hinterfragt und nur wenige Massnahmen ergriffen werden, um Strukturen und Abläufe so anzupassen, dass Frauen die Beteiligung im Gremium bzw. in der Organisation erleichtert wird. Ein solches Umfeld ermuntert eher nicht dazu, sich zu exponieren und grössere Veränderungen anzustossen. Realistischer erscheint ein Vorgehen in kleinen Schritten.

Was fördert das Engagement von Frauen? 

Massnahmen, die bei den Frauen ansetzen:

  • Frauen ermutigen, unterstützen und ihr Engagement wertschätzen
  • ihr Selbstvertrauen und ihr Durchsetzungsvermögen stärken
  • Frauen die positiven Seiten des Engagements aufzeigen
  • die Vernetzung von Frauen unterstützen bzw. fördern

Massnahmen, die bei den Organisationen ansetzen:

  • Frauen direkt ansprechen
  • Sitzungszeiten anpassen
  • den (weiblichen) Nachwuchs aktiv fördern
  • Frauen explizit zu Veranstaltungen einladen und den gesamten Betrieb als Mitglied führen
  • Auch strukturelle Massnahmen wie die Schaffung einer Frauenkommission können hilfreich sein.

Auffallend ist die durchgängige Ablehnung einer expliziten Frauenquote. Erfolgsversprechender sind implizite Quoten, wie sie – etwa mit fix reservierten Sitzen für Frauen oder Themen – bereits umgesetzt werden. Ein Ansatz könnte auch sein, die Rollenaufteilung im Vorstand zu reflektieren und gemeinsam neu zu definieren. Dies würde allen Beteiligten Chancen eröffnen und mehr Spielraum schaffen. Zudem könnte die aktive Bewerbung der Ausbildung zur Landwirtin für Frauen allenfalls langfristig dazu beitragen, die Situation zu verändern.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass im konservativ bzw. traditionell geprägten Umfeld der Frauen Veränderungen vor allem in kleinen Schritten möglich sind und dieser Umstand bei Massnahmen für eine höhere Beteiligung von Frauen auch berücksichtigt werden sollte. Für den Erfolg ist es ausserdem wichtig, dass seitens der entscheidenden Akteure ein Konsens über die Notwendigkeit einer Veränderung und über deren Ziele besteht und dass die gewählten Massnahmen auch zur jeweiligen Organisation passen und damit Akzeptanz finden.

Letztlich sind Gleichstellung und eine höhere Beteiligung von Frauen in Vorständen vor allem dann wirkungsvoll voranzubringen, wenn das Thema von Führungspersonen als wichtig eingestuft wird, als Teil ihrer sozialen Verantwortung erkannt sowie in der Organisation positiv verankert ist und konkret gelebt wird. Dafür braucht es insbesondere auch Männer, die sich für Gleichstellung und Chancengleichheit in landwirtschaftlichen Organisationen einsetzen.

Hinweise & Links

Link zum Schlussbericht SBV: Bericht Pilotmassnahme SBV