Organisation der Wertschöpfungskette

Da die Produktion von Hülsenfrüchten für die menschliche Ernährung in der Schweiz noch relativ neu ist, muss sich die Wertschöpfungskette erst etablieren. Je nach Kultur gibt es noch keine strukturierte Wertschöpfungskette und die Logistik wird ad-hoc organisiert. Kulturen wie Eiweisserbsen oder Soja sind zwar relativ verbreitet, jedoch nur für die Futterproduktion. Für die menschliche Ernährung muss das Produkt reiner sein und dazu fehlen beispielsweise geeignete Maschinen für die ausreichende Reinigung. Grundsätzlich sind die technischen Voraussetzungen vorhanden, jedoch nicht immer für alle Kulturen oder in den benötigten Kapazitäten.

Beschrieb der Wertschöpfungskette

Wertschöpfungskette pflanzliche Proteine in der Schweiz
Wertschöpfungskette pflanzliche Proteine in der Schweiz (Quelle: eigene Darstellung)

Die Organisation der Wertschöpfungskette für Hülsenfrüchte ist bezüglich der Infrastrukturen ähnlich wie diejenige von Getreide. Swiss Granum ist die schweizerische Branchenorganisation für Getreide, Ölsaaten und Eiweisspflanzen, die alle Glieder in der Wertschöpfungskette zusammenbringt und Richtlinien erarbeitet.

Aus der obigen Grafik ist die Wertschöpfungskette für Hülsenfrüchte ersichtlich. Das Produkt wird nach der Ernte zur Sammelstelle transportiert und mit Hilfe von Sieben sortiert und mit Heissluft bis ca. 13 – 13.5 % Feuchtigkeit getrocknet. Für diesen Prozess können oft Maschinen eingesetzt werden, die auch für Getreide verwendet werden. Nach dieser ersten Sortierung durchgeht die Ware eine Spezialreinigung, um ein nahezu 100 % reines und, falls gewünscht, geschältes Produkt zu erhalten. Für diesen Prozess werden spezielle Maschinen benötigt, die das Produkt nach physischen Merkmalen wie Farbe, Form, Gewicht usw. sortieren. Das reine und eventuell geschälte Produkt wird dann teils in Mühlen verarbeitet.

Folgende Punkte unterscheiden sich hauptsächlich von der Getreideverarbeitung:

  • Da es sich oft um geringe Mengen handelt, gibt es nur wenige Sammelstellen, die Hülsenfrüchte übernehmen. Sammelstellen müssen über kleine Trockner verfügen, die Mengen über einige Tonnen annehmen oder Paloxentrockner haben die noch kleinere Chargen akzeptieren können.
  • Für die Spezialreinigung braucht man spezielle Maschinen, auch dort liegen die akzeptierten Mindestmengen bei einigen Tonnen. Nur wenige Mühlen oder Sammelstellen verfügen über das nötige Knowhow und die entsprechenden Maschinen. Die Firma Eichmühle AG hat als erstes Unternehmen in der Schweiz in neue Maschinen investiert, um ein Endprodukt mit einem Reinheitsgrad von 99,9 % zu garantieren.

Die grösste Herausforderung liegt nicht in den fehlenden Infrastrukturen, sondern in den Kapazitäten. Aktuell sind die Mengen noch gering, bei steigender Produktion stellt sich aber die Frage nach den Kapazitäten zur Lagerung und Sortierung von Hülsenfrüchten.

Warum es (noch) keine Schweizer Fleischersatzprodukte gibt

Wie oben erläutert, gibt es in der Schweiz bereits Strukturen zur Produktion und Verarbeitung von Hülsenfrüchten. Je nach Komplexität des Endprodukts sind aber noch zusätzliche Schritte erforderlich, die im Kapitel «Verarbeitungsstufen» beschrieben werden.

Die Komplexität der Wertschöpfungskette nimmt zu, je stärker das Produkt verarbeitet werden muss. So sind die Verarbeitungsschritte bis zum Hülsenfruchtmehl weitestgehend vorhanden. Je nach Menge und Produkt kann es aber schon hier Herausforderungen geben. Es sind zurzeit vor allem Produkte zum direkten Verzehr oder leicht verarbeitete Produkte, die die gesamte Wertschöpfungskette in der Schweiz haben.

Für die Herstellung von Fleischersatzprodukten können nicht einfach die ganzen Hülsenfrüchte verwendet werden. Für die Extrusion sind Proteinkonzentrate oder -isolate nötig. Da dieser grundlegende Prozess in der Schweiz bisher nicht existiert, gibt es noch keine Schweizer Fleischersatzprodukte. Die Technologien zur Extrusion werden jedoch angewendet und weiterentwickelt (z. B. Planted, Hilcona). Es gibt in der Schweiz auch wichtige Akteure/innen, wie beispielsweise die ETH oder Bühler, die Maschinen herstellen und über die neusten Technologien verfügen.

Mit Protaneo, dem Joint Venture zwischen der Groupe Minoteries SA, IP-SUISSE und Feldkost AG gibt es einen ersten Vorstoss hin zu einem Schweizer Fleischersatzprodukt. Das gewonnene Proteinkonzentrat aus Schweizer Ackerbohnen und Gelberbsen wird durch Trockenextrusion ein Produkt hergestellt, das wie Hackfleisch verwendet werden kann.

Das Verfahren zur Gewinnung von Proteinisolat ist sehr komplex, benötigt viel Wasser und Energie und wirtschaftlich nur durch einen Skaleneffekt möglich. Deshalb fehlt dieser Prozess derzeit in der Schweiz und es ist fraglich, ob die Entwicklung dieses Verarbeitungsschrittes in der Schweiz Sinn macht.