Volkswirtschaftliche Einkommensbegriffe

Gesamtheit der Wertschöpfungen aller Einheiten, die im Laufe einer Periode auf einem Wirtschaftsgebiet (Inlandkonzept) eine Produktionstätigkeit ausüben.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird aufgrund von drei unabhängigen Ansätzen berechnet, deren Kohärenz eine Qualitätsgarantie der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) darstellt:

Produktionsansatz (Entstehungsrechnung): Wertschöpfung aller Einheiten im Verlauf einer Periode auf einem Wirtschaftsgebiet (Inlandkonzept). Die Bruttowertschöpfung ist die Differenz zwischen dem Produktionswert (Wert der produzierten Waren und Dienstleistungen zu Herstellungspreisen) und der Vorleistungen (zu Anschaffungspreisen). Um das BIP zu Marktpreisen zu erhalten, muss die Gesamtheit an Bruttowertschöpfungen der Branchen der Gesamtwirtschaft eine Berichtigung unterzogen werden: die Gütersteuern werden dazu gezählt und die Gütersubventionen werden abgezogen.

Ausgabenansatz (Verwendungsrechnung): Das BIP ist gleich der gesamten letzten Verwendung von Waren und Dienstleistungen durch gebietsansässige institutionelle Einheiten (Konsum und Bruttoinvestitionen) zuzüglich der Exporte und abzüglich der Importe von Waren und Dienstleistungen.

Einkommensansatz (Verteilungsrechnung): Das BIP ist gleich den auf der Verwendungsseite des Einkommensentstehungskontos der gesamten Volkswirtschaft ausgewiesenen Positionen (Arbeitnehmerentgelt, Produktions- und Importabgaben abzüglich Subventionen, Bruttobetriebsüberschuss und Selbständigeneinkommen der gesamten Volkswirtschaft).

Die Produktions- und Ausgabenansätze zur Berechnung des BIP beruhen auf dem folgenden volkswirtschaftlichen Gleichgewicht:

\(Aufkommen = Verwendungen\)
\(P + M + PT – PS = V + K + BI + X\)

Die Gleichung kann auch wie folgt geschrieben werden:

\(BWS + PT – PS = K + BI + HB\)

Diese beiden Seiten der Gleichung entsprechen dem BIP zu Marktpreisen.

Legende *):

\(P\): Produktionswert (zu Herstellungspreisen) [P.1]\(\newline\)
\(V\): Vorleistungen (zu Anschaffungspreisen) [P.2]\(\newline\)
\(PT\): Gütersteuern [P.21]\(\newline\)
\(PS\): Gütersubventionen [P.31]\(\newline\)
\(K\): Konsumausgaben aller Einheiten [P.3]\(\newline\)
\(BI\): Bruttoinvestitionen [P.5g]\(\newline\)
\(X\) (EXP): Exporte von Waren und Dienstleistungen [P.6]\(\newline\)
\(M\) (IMP): Importe von Waren und Dienstleistungen [P.7]\(\newline\)
\(BWS\): Bruttowertschöpfung [B.1g]\(\newline\)
\(HB\): Handelsbilanz (\(HB=X-M\))

*) Der Code des Stroms oder des Saldos gemäss Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG2010) steht in eckigen Klammern, zum Beispiel [P.1].

In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) werden die verschiedenen Transaktionen zu Herstel-lungspreisen oder zu Anschaffungspreisen bewertet. Durch die gezielte Anwendung der verschiedenen Preiskonzepte kann die ökonomische Relevanz der Ermittlung ermöglicht werden, bzw. die verschiedenen Betrachtungen der Wirtschaftsakteure auf eine gegebene Transaktion widerspiegelt werden (Käufer oder Verkäufer).

Der Herstellungspreis wird insbesondere für die Bewertung der Produktion angewendet. Aufbau:

+ Erzeugerpreis («Ab-Hof» oder «Ab-Werk» Preis)
–  Gütersteuern
+ Gütersubventionen
= Herstellungspreis

Der Anschaffungspreis wird insbesondere für die Bewertung der Vorleistungen, des Konsums und der Bruttoanlageinvestitionen verwendet. Aufbau:

+ Herstellungspreis
+ Gütersteuern
–  Gütersubventionen
+ Handelsmargen und Transportkosten (getrennt in Rechnung gestellte)
= Anschaffungspreis

Alle Wirtschaftssubjekte werden so genannten institutionellen Sektoren zugeordnet; alle Einheiten eines Sektors haben ein ähnliches Wirtschaftsverhalten.

Eine institutionelle Einheit muss in der Lage sein, als Eigentümer von Waren und Vermögenswerten Verbindlichkeiten einzugehen, wirtschaftliche Tätigkeiten auszuüben und in ihrem eigenen Namen Transaktionen mit anderen Einheiten vorzunehmen. Folgende institutionelle Sektoren [S] sind definiert:

  • [S.11] Nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften: Marktproduktion von Waren und nicht-finanziellen Dienstleistungen.
  • [S.12] Finanzielle Kapitalgesellschaften: Marktproduktion von finanzieller Mittlertätigkeit, Kredit- und Versicherungshilfstätigkeiten.
  • [S.13] Staat: Öffentliche Nichtmarktproduktion von Waren und Dienstleistungen für Individual- und Kollektivkonsum, sowie Umverteilung des Einkommens und Volksvermögens.
  • [S.14] Haushalte: Individuen oder Gruppen von Individuen, betrachtet gemäss ihren beiden Funktionen:
    • Als Konsumenten: Konsum
    • Als Unternehmer: Marktproduktion von Waren und Dienstleistungen oder Produktion von Waren und Dienstleistungen für die Eigenverwendung.
  • [S.15] Private Organisationen ohne Erwerbszweck (POoE): Private Nichtmarktproduktion nicht-marktbestimmter Waren und Dienstleistungen für den Individualkonsum.
Produktion ist generell eine unter Kontrolle, Verantwortung und Management einer institutionellen Einheit ausgeführte Tätigkeit, bei der diese Einheit durch den Einsatz von Arbeitskräften, Kapital sowie Waren und Dienstleistungen andere Waren und Dienstleistungen produziert.

Es werden drei Arten von Produktion definiert; die Summe davon ergibt den Produktionswert [P.1]:

+ [P.11] Marktproduktion: umfasst die Herstellung von Gütern, die auf dem Markt verkauft werden oder verkauft werden sollen (wobei der Preis mehr als 50% der Produktionskosten abdeckt).
+ [P.12] Produktion für die Eigenverwendung: umfasst die selbstproduzierten Waren und Dienstleistungen, die von einer institutionellen Einheit für ihren eigenen Konsum oder für ihre eigenen Investitionen verwendet werden.
+ [P.13] Nichtmarktproduktion: umfasst die Herstellung von Gütern, die anderen Einheiten unentgeltlich oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen zur Verfügung gestellt werden
=  [P.1] Produktionswert: Der Produktionswert ist der Wert aller Güter, die im Rechnungszeitraum produziert werden.

Die Produktion der unterstellten Bankgebühr (FISIM) [S.119] ist eine besondere Art der Marktproduktion. Die unterstellte Bankgebühr (FISIM) stellt den Teil der von Finanzintermediären erbrachten Dienstleistungen dar, der den Kunden nicht in Rechnung gestellt wird. Für diese Dienstleistungen werden die Finanzvermittler durch eine Zinsmarge auf die Einlagen ihrer Kunden und auf die Darlehen (Kredite), die sie ihnen gewähren, vergütet.

Natürliche Prozesse ohne jedes menschliche Zutun, wie das unbeeinflusste Wachsen von Fischbeständen in Seen und Fliessgewässern (ohne Fischbrutanstalt) oder von Wäldern (Beispiel Nationalpark), werden nicht zur Produktion (Produktionswert) gerechnet.

Das Bruttonationaleinkommen (zu Marktpreisen) ist gleich dem von den inländischen Einheiten per Saldo empfangenen Primäreinkommen. Es ist gleich dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) abzüglich der von gebietsansässigen Einheiten an die nichtgebietsansässigen Einheiten geleisteten Primäreinkommen zuzüglich der von gebietsansässigen Einheiten aus der übrigen Welt empfangenen Primäreinkommen.

Das Primäreinkommen setzt sich wie folgt zusammen:

[B.1*g] Bruttoinlandprodukt (BIP)
+ [D.1r] Arbeitnehmerentgelt empfangen aus der übrigen Welt
–  [D.1p] Arbeitnehmerentgelt gezahlt an die übrige Welt
+ [D.4r] Vermögenseinkommen empfangen aus der übrigen Welt
–  [D.4p] Vermögenseinkommen gezahlt an die übrige Welt
= [B.5*g] Bruttonationaleinkommen (BNE)
–  [P.51c] Abschreibungen
= [B.5*n] Nettonationaleinkommen (NNE)

Die Differenz zwischen Bruttonationaleinkommen und Nettonationaleinkommen ergibt sich durch Abzug der Abschreibungen, d. h. durch Abzug der Wertminderung von Anlagegütern durch normalen Verschleiss und wirtschaftliches Veralten. Die geschätzte Wertminderung umfasst auch das Risiko von Verlusten von Anlagegütern durch versicherbare Schadensfälle.

Hinweis: der Begriff «Brutto- oder Nettosozialprodukt, BSP oder NSP» ist nicht mehr aktuell und in der offiziellen Statistik kein Referenzaggregat mehr. Das BSP wurde formell durch das Bruttonationaleinkommen (BNE) ersetzt, welches auf dem einkommensbasierten Ansatz beruht.

Es werden zwei Konsumkonzepte unterschieden: Konsumausgaben (Ausgabenkonzept) und Konsum (Verbrauchskonzept).

Mit den Konsumausgaben werden die Ausgaben eines Sektors für Konsumgüter gemessen. Dagegen bezieht sich der Konsum nach dem Verbrauchskonzept auf die Konsumgüter, die der Sektor insgesamt für den Verbrauch erhalten hat. Der Unterschied zwischen beiden Konzepten betrifft die Zuordnung der Waren und Dienstleistungen, die vom Staat oder von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck finanziert, aber von privaten Haushalten als soziale Sachtransfers unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Wird vom verfügbaren Einkommen der Haushalte (Verbrauchskonzept) der Konsum (Verbrauchskonzept) der Haushalte abgezogen erhält man das Sparen der Haushalte (ohne Berücksichtigung eines Korrekturpostens «Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche», der sich auf Verteilungstransaktionen zwischen Pensionskassen und privaten Haushalten bezieht).[1]

Derjenige Teil des Nationaleinkommens, der effektiv an die Haushalte ausgezahlt wird (Brutto oder Netto nach Abzug der Abschreibungen).

Derjenige Teil des Primäreinkommens der Haushalte, über welchen die Haushalte verfügen können.

+ [B.5n] Primäreinkommen der Haushalte, netto
– [D.5] Einkommen- und Vermögenssteuern
– [D.61] Nettosozialbeiträge
+ [D.62] Monetäre Sozialleistungen (ohne soziale Sachleistungen)
+ [D.7r] Sonstige laufende Transfers, empfangene (Schadenersatzleistungen der Versicherungen, usw.)
– [D.7p] Sonstige laufende Transfers, gezahlte (Versicherungsprämien, usw.)
= [B.6n] Verfügbares Einkommen der Haushalte, netto (Ausgabenkonzept)
+ [D.63] Soziale Sachleistungen
= [B.7n] Verfügbares Einkommen der Haushalte, netto (Verbrauchskonzept)
– [P.4] Konsum (Verbrauchskonzept)
+ [D.8] Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche
= [B.8n] Sparen, netto

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