Grundbegriffe des Rechnungswesens

Zur Bezeichnung der Zahlungs- und Leistungsvorgänge hat die Betriebs­wirtschaftslehre eine eigene Terminologie entwickelt*. Sie benutzt vier Begriffspaare, die auch im täglichen Sprachgebrauch Verwendung fin­den, dort aber nicht die scharfe be­griffliche Trennung wie in der Be­triebswirtschaftslehre erfahren:

  1. Einzahlungen/Auszahlungen
  2. Einnahmen/Ausgaben
  3. Erträge/Aufwände
  4. Leistungen/Kosten

* Siehe: Eisele 1993, Wöhe 1992 u.a.

Zum Teil wird in der Literatur nicht unterschieden zwischen Einzahlungen/Auszahlungen und Einnahmen/Ausgaben (u.a. Prochinig 1995).

Einzahlungen/Auszahlungen

Das Begriffspaar Einzahlungen/Auszahlungen beinhaltet alle Zahlungsmittelzuflüsse und -abflüs­se einer Periode. Es zählt nur die Tatsache des Zu- und Abflusses und nicht das „Warum“ und „Wohin“.
Gemäss Wöhe (1992) sind Ein-/Auszahlungen Vorgänge, bei denen der Bestand an flüssigen Mitteln zu- bzw. abnimmt.

Aktiven Passiven
Flüssige Mittel

  • Kasse
  • Bank, Post
  • Kassaeffekten
  • Wechsel

Einnahmen/Ausgaben

Einnahmen/Ausgaben entstehen bei einem Kauf/Verkauf. Einzahlungen/Auszahlungen und Einnahmen/Ausgaben fallen beim Barverkauf/-kauf zeitlich zusammen.

In einem Unternehmen können in der Regel Einnahmen erst vorangegangenen Ausgaben folgen. Einnahmen und Ausgaben stehen in einem engen Wechselverhältnis, wobei eine mehr oder weniger grosse zeitliche Verzögerung zu berücksichtigen ist. Dieser Sachverhalt wirkt sich bei der Ermittlung von Periodenerfolgen (z.B. Jahresergebnis) störend aus. Korrespondierende Einnahmen und Ausgaben erfolgen zum Teil nicht in der gleichen Periode.

Gemäss Wöhe (1992) sind Einnahmen bzw. Ausgaben Vorgänge bei denen das Nettofinanzvermögen (Flüssige Mittel + Forderungen – Fremdkapital) zu- bzw. abnimmt, während bei Thommen (1999) das nettomonetäre Umlaufvermögen massgebend ist.

Für die Ermittlung des Nettofinanzvermögens relevante Bilanzposten:

Aktiven Passiven
Flüssige Mittel

Forderungen

Fremdkapital

Erträge/Aufwände

Nicht selten fallen der Zahlungszeitpunkt und die Wertentstehung von verkaufsfähigen Produkten (z.B. das Heranwachsen von Mast- und Zuchtvieh) oder der Wertverbrauch von einem zugekauften Produktionsmittel (z.B. die Abnützung einer Maschine) vollständig oder teilweise in andere Perioden. Es ist somit naheliegend, die Zahlung auf diejenigen Perioden aufzuteilen, in denen die mutmassliche Wertentstehung bzw. der mutmassliche Wertverzehr stattfindet. Typische Beispiele für die Aufteilung sind der Zuwachs bei Vieh und Pflanzen und die Abschreibungen, soweit diese auf die bezahlten Anschaffungswerte bezogen sind.

Entsprechend der Wertentstehung oder dem Wertverzehr auf die Rechnungsperioden aufgeteilte Einnahmen bezeichnet man als Ertrag, auf die Rechnungsperioden aufgeteilte Ausgaben als Aufwand. Die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag ergibt den pagatorischen Unternehmensgewinn. Über die ganze Lebensdauer eines Unter­nehmens hinweg gesehen, entspricht die Summe aller Einnahmen der Summe aller Erträge und die Summe aller Ausgaben der Summe aller Aufwände.

Gemäss Wöhe (1992) sind Erträge bzw. Aufwände Vorgänge, die zu einer Zu- bzw. Abnahme des Eigenkapitals (Reinvermögen) führen.

Für die Ermittlung des Eigenkapitals relevante Bilanzposten:

Aktiven Passiven
Flüssige Mittel

Forderungen

Vorräte

Anlagevermögen

Fremdkapital

Leistungen/Kosten

Eine wesentlich andere Betrachtungsweise liegt dem Begriffspaar Leistungen/Kosten zugrunde. Ausgangslage sind der in Franken bewertete Verzehr an Gütern und Diensten, um eine Leistung zu erbringen, und die in Franken bewertete Leistung (erzeugte Güter, Dienstleistungen). Natürlich wird man sich bei der Bewertung primär an den Zahlungen orientieren. In der Regel reicht jedoch dieser Bezug nicht aus. Die Eigenkapitalver­zinsung, der Mietpreis für die eigene Wohnung, die Entschädigung der eigenen Arbeit usw. sind Beispiele für Bewertungsprobleme dieser Art.

Das Leistungs-/Kosten-Begriffspaar basiert auf der Absicht, die “wah­ren”, von besonderen Umständen bereinigten, Verhältnisse darzu­stellen. Dabei kann es beispielsweise als nötig erachtet werden, anstelle bereits abgeschriebener Anlagen – im Hinblick auf künftige Verhältnisse – eine Abschreibung, orientiert an einem Wiederbeschaffungswert, in die Kostenrechnung einzusetzen.

Die Differenz zwischen Leistungen und Kosten wird als kalkulatorischer Gewinn bezeichnet.

Obwohl die vier verschiedenen Begriffspaare durch verschiedene Be­trachtungsweisen begründet sind, gibt es auch enge Zusammen­hänge. In der Abbildung sind Übereinstimmungen und Abwei­chungen mit den zugehörigen begrifflichen Bezeichnungen dargestellt.

Beispiele (laufende Aktivitäten, Investitions- und Finanzierungsaktivitäten)
Vorauszahlung eines Kunden; Eingang eines neuen Kredites Desinvestition (zum Buchwert) Geschenk; Gewinn in Wettbewerb Verkauf Produkte gegen Barzahlung; Liquidationsgewinn 1) Verkauf Produkte gegen Rechnung Veränderung selbstproduzierte Vorräte; Aktivierung Eigenleistung; externe Lieferung an Privat; Interne
Lieferung 5)
Einzahlungen
Pfeil

Entsprechende Verkäufe/Käufe
periodenfremd (passive / aktive Rechnungsabgrenzung)oder

Eigenkapitalneutrale Finanzierungsaktivitäten

Pfeil

Forderungen 7)
Verkäufe (Einnahmen)
Eigenkapital‑ neutrale IV 2)
Eigenkapitalwirksame IV 4)
Erträge
Ausserord.
Ertrag 3)
Kalkulat.
Leistungen 6)
Leistung
Kosten
Kalkulat.
Kosten 6)
Ausserord. Aufwand 3)
Aufwände
Eigenkapitalwirksame IV 4)
Eigenkapital‑ neutrale IV 2)
Käufe (Ausgaben)
Verbindlichkeiten 7)
Auszahlungen
Beispiele (laufende Aktivitäten, Investitions- und Finanzierungsaktivitäten)
Vorauszahlung Miete
Januar;
Tilgung eines Kredites
Investitionen (Barzahlung) Nachzahlung von Steuern Kauf Saatgut gegen Barzahlung; Kauf Dünger gegen Rechnung Abschreibung; Bildung von Rückstellungen; Lohngutschrift; Veränderung Düngervorräte Interne
Lieferung 5); Faktoransprüche in Kostenrechnung
Zugrundeliegende Fonds
Flüssige Mittel
8) 9)
Nettomonetäres Umlaufvermögen inkl. Rechnungsabgrenzung
Eigenkapital

IV Inventarveränderung

  1. Liquidationsgewinne/-verluste aus betrieblichen Anlagen zählen gemäss KMU-Kontenrahmen (Sterchi 1996) zum ordentlichen Ergebnis; zum Beispiel für Planungsrechungen kann es jedoch sinnvoll sein, Liquidationsgewinne und -verluste von einer Leistungs-/Kostenrechnung auszuschliessen.
  2. Auch als neutrale Einnahmen/Ausgaben bezeichnet; der entsprechende Ertrag/Aufwand ist teilweise periodenfremd (z.B. Abschreibungen).
  3. Auch als neutraler oder zweckfremder Ertrag/Aufwand bezeichnet; dieser Ertrag/Aufwand wird in der Leistungs-/Kostenrechnung nicht berücksichtigt. Ausserordentliche Erträge und Aufwände sind nicht immer mit Einzahlungen/Auszahlungen bzw. Verkäufen/Käufen verbunden (z.B. Auflösung nicht benötigter Rückstellungen). In der Landwirtschaft wird ausserordentlicher betrieblicher Erfolg als Konvention im ordentlichen Betriebsergebnis, dem landwirtschaftlichen Einkommen, berücksichtigt. Dies gilt sowohl für die Finanzbuchhaltung (Ertrags-/Aufwandrechnung) als auch für die Betriebsbuchhaltung (Leistungs-/Kostenrechnung); vgl. auch Erfolgsrechnung.
  4. Auch als Zusatzertrag/Zusatzaufwand bezeichnet; zum Beispiel bei der Zunahme von Vorräten oder bei Abschreibungen sind die entsprechenden Verkäufe/Käufe periodenfremd; Externe Lieferungen an den Privathaushalt erhöhen den Erfolg des Betriebes, sind aber für die Einheit Unternehmen/Privat erfolgsneutral.
  5. Z.B. selbstproduzierte Gerste an Schweine; selbstproduzierte Trauben an eigene Kelterei.
  6. Wertentstehung/-verzehr durch Ertrag/Aufwand nicht abgedeckt.
  7. Schliessen auch Geldguthaben und Geldforderungen in aktiver und passiver Rechungsabgrenzung und eventuell kurzfristige Rückstellungen mit ein, wenn der Fonds entsprechend breit definiert ist.
  8. Vorauszahlungen beeinflussen die flüssigen Mittel, nicht aber das nettomonetäre Umlaufvermögen, weil die Mittelflüsse durch aktive oder passive Rechungsabgrenzungen neutralisiert werden.
  9. Aufnahme und Tilgung von langfristigem Fremdkapital beeinflusst das nettomonetäre Umlaufvermögen, ohne dass ein Kauf oder Verkauf vorliegt.
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