Betriebslehre, landwirtschaftliche

(Betriebswirtschaftslehre, landwirtschaftliche)

Alle wissenschaftlichen Disziplinen, Methoden zur Erkenntnisgewinnung und Verfahren, deren Forschungsgegenstand wirtschaftliche Aspekte des landwirtschaftlichen Betriebes beinhaltet.

Die landwirtschaftliche Betriebslehre ist als Zweig der Agrarökonomie ein Teil der Wirtschaftswissenschaften, welche ihrerseits eine Teildisziplin der Sozialwissenschaften sind. Sie befasst sich als angewandte Wissenschaft mit dem wirtschaftenden Menschen unter einzelwirtschaftlichen Aspekten. Es ist ihre Aufgabe, die ökonomischen und sozialen Tatbestände sowie die Verhaltensweisen der handelnden Menschen möglichst realitätsbezogen zu erfassen, zu analysieren, zu ordnen und geeignete Methoden zur Lösung der Problemstellungen zu entwickeln, um mit ihrer Hilfe Wege und Richtung zur Erreichung der angestrebten Ziele aufzuzeigen. Wichtigstes Erkenntnisziel ist die optimale Gestaltung des landwirtschaftlichen Betriebes im Hinblick auf ein festgelegtes Zielsystem.

Die landwirtschaftliche Betriebslehre ist eine relativ junge Wissenschaft. Ihren Anfang nahm sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit den Arbeiten von Thaer und von Thünen. Die geschichtlichen Vorläufer finden sich ab etwa 1650 in der Hausväterliteratur und den Kameralisten.

In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung des 19. Jahrhunderts gewinnen die Fragen der Naturwissenschaften und der Technik die Oberhand. Die landwirtschaftliche Betriebslehre, welche in dieser Periode in den Zustand statisch deskriptiver Darstellung zurückversinkt, erhält erst um die Jahrhundertwende neuen Auftrieb. Es beginnt ein Abschnitt der funktionellen Durchdringung des landwirtschaftlichen Betriebes (Aereboe, Brinkmann, Laur). Die Grenzen der isolierten betriebszweigspezifischen Produktionskosten mit dem unlösbaren Zuteilungsproblem der Gemeinkosten werden erkannt. Damit gelangt die Lehre Thünens von der relativen Vorzüglichkeit der Betriebszweige zu ihrer vollen Bedeutung. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist durch das systematische Bemühen einer rechnerischen Durchdringung des landwirtschaftlichen Betriebes gekennzeichnet.

Aufbauend auf dem Grenzwertprinzip werden Rechenmethoden entwickelt, die es erlauben, den Betrieb in seiner organischen Ganzheit zu beurteilen. Damit stehen leistungsfähige Instrumente zur Entscheidungsfindung zur Verfügung.

Neben der vollständigen quantitativen Erfassung des betrieblichen Geschehens bleibt der Mensch mit seinen Zielvorstellungen wichtigstes Erkenntnisobjekt. Nur so kann die landwirtschaftliche Betriebslehre als angewandte Wissenschaft den Landwirten bei der Lösung ihrer existenziellen Probleme helfen bzw. der Politik erfolgversprechende Gestaltungsempfehlungen vermitteln (s. dazu u.a. Steinhauser et al. 1982, Brandes 1969).