Die Erfahrungsberichte schildern Fälle aus der Sicht einer Landwirtin oder eines Landwirts. In der Tabelle kommentiert ein/e Fachexpert/in den Fallverlauf.

Ausgangslage

Der Betrieb hat die Herde auf etwa 70 Milchkühe vergrössert. Deshalb wurde ein Stallanbau mit Laufhof erstellt und der Melkstand erneuert. Allerdings wurden anschliessend vermehrt Probleme mit der Milchqualität beobachtet. Die Zellzahlen waren stark erhöht und es drohte eine Milchsperre. Untersuchungen durch den Melkberater und den Tierarzt konnten das Problem nicht lösen. Da direkt neben dem Anbau eine Hochspannungsleitung vorbeiführt, kam der Verdacht auf, dass Streuströme das Problem verursachen könnten. Dies auch deshalb, weil der Anbau mit einem grossen Blechdach gebaut wurde.

  • stark erhöhte Zellzahlen (Werte lagen bei >200 000/ml);
  • Hochspannungsleitung in der Nähe.

Beteiligte Akteure, Herangehensweise und umgesetzte Massnahmen

Akteur Herangehensweise/Ursachenfindung und getroffene Massnahmen  Bewertung von Fachspezialist/innen¹

Melkberatung

Untersuchung des Melkvorganges und Service an der Melkmaschine.

Problem konnte nicht identifiziert werden.

Melkberatung ZMP

Da der Verdacht auf Streuströme fiel, wurde eine Melkuntersuchung mit Schwerpunkt auf Streuströme durchgeführt.

Messungen von Milchkontrolleuren sind nicht stichhaltig. Bei Verdacht sollte immer ein Experte hinzugezogen werden. (AGRIDEA)

Durch die Messung konnten Ableitströme festgestellt werden, woraufhin das ESTI eingeschaltet wurde.

ESTI

Mithilfe des ESTI wurde der Betrieb untersucht und saniert. Die innerbetriebliche Erdung wurde auf einen zentralen Erdungspunkt (ZEP) geführt. Zudem wurden Erdungsschlaufen aufgetrennt und die Alu-Bodenbleche im Melkstand entfernt.

Die Erdung und der Schutzpotenzialausgleich verbessern die Berührungsspannungen innerhalb des Stalles. Dazu hätte man aber eine Messung der Berührungsspannung vorher und nachher benötigt. (amo)

Es konnte keine Verbesserung festgestellt werden.

Verbesserungen müsste man mind. 20 Tage genau beobachten. (amo)

NOK

Um die Ursache der Streuströme herauszufinden, wurden Messungen mithilfe der NOK durchgeführt. Für diese Messungen wurden auch die Hochspannungsleitungen teilweise abgestellt.

Es konnte nachgewiesen werden, dass die Berührungsströme durch die Hochspannungsleitungen induziert wurden. Allerdings wurde angezweifelt, dass die Berührungsspannungen (60–120 mV) genügend hoch sind, um die Tiere zu beeinflussen.

Bei Spannungen kleiner als 1 V, und gemäss Tiermedizin kleiner 0.5 V, sind keine Einflüsse auf Tiere bekannt. Eine Messung vorher und nachher wäre zielführend gewesen. (amo)

Bestandesmedizin Tierspital

Da die Hochspannungsleitungen saniert werden mussten, wurden diese für 5 Wochen abgestellt. Während dieser Zeit wurde der Bestand intensiv tiermedizinisch untersucht.

Während die Hochspannungsleitungen abgestellt waren, schütteten die Tiere nachweislich weniger Stresshormone aus und zeigten eine verbesserte Eutergesundheit.

Wurden auch Differenzspannungen gemessen? Wenn nicht, dann ist ein Wirkungszusammenhang kaum zu begründen. Wie gross war die Magnetfeldbelastung? (amo)

Betriebsleiter, Ortselektriker

Das neue Fahrsilo wurde direkt mit einem Erdungssystem zum Stall verbunden, um die Erdung des Stallgebäudes zu verbessern.

Bei einer solchen Verbindung des Erdungssystems ist darauf zu achten, dass keine Erdungsschlaufen entstehen. (AGRIDEA)

Es konnte eine Verbesserung der Milchqualität festgestellt werden. Innerhalb eines Monates sanken die Zellzahlen um 50 %.

Es ist eine Abnahmekontrolle mit Sicherheitsnachweis (SINA) erforderlich. (amo)

Betriebsleiter, Ortselektriker

Da das Metalldach des Anbaus weit weg vom ZEP war, entschied sich der Betriebsleiter dieses separat zu erden. Dadurch sollte verhindert werden, dass die induzierten Ströme über den ganzen Betrieb geleitet werden.

Es konnte eine leichte Verbesserung festgestellt werden.

¹Kürzel in Klammern hinter den Aussagen stehen für den jeweiligen Fachexperten der Plattform Streuströme.

Legende:
Herangehensweise
Massnahme

Alle Massnahmen wurden nacheinander umgesetzt und von Experten begleitet. Die tiermedizinischen Untersuchungen konnten nachweisen, dass die Problematik rund um die Eutergesundheit der Tiere nicht allein durch Bakterien entstanden ist. Nach all den Massnahmen und Testungen sind die Zellzahlen aktuell bei 60 000–150 000/ml.

Take Home Messages des Landwirts

  • Fortlaufendes Protokollieren ist wichtig, da nur so Veränderungen nachgewiesen werden können.
  • Potentialausgleiche und Erdungen sollten bereits vor dem Bau besprochen und bedacht werden.
  • Der Hofelektriker sollte Messen, da er den Betrieb kennt. Für grössere Messungen sollte der Netzbetreiber hinzugezogen werden.