Die Erfahrungsberichte schildern Fälle aus der Sicht einer Landwirtin oder eines Landwirts. In der Tabelle kommentiert ein/e Fachexpert/in den Fallverlauf.
Ausgangslage
Der Betrieb mit 60 Kühen (gemischt Brown Swiss und Holstein) befindet sich in der Talzone. Grundsätzlich werden die Tiere in einem Laufstall gehalten. Im Rahmen von Umbauarbeiten wurde ausserhalb des Stalls ein Abkalbebereich bzw. -unterstand gebaut, um einen ruhigeren Rückzugsort zu ermöglichen und das Abkalbemanagement zu optimieren. Dieser Unterstand wurde aus einer Mischung aus Metall und Holz gefertigt. Ca. sechs Monate, nachdem dieser Unterstand zum Abkalben in Betrieb genommen wurde, traten vermehrt folgende Symptome bei den frisch geborenen Kälbern auf:
- schlechter Allgemeinzustand nach einigen Tagen;
- reduzierte Immunität/hohe Anfälligkeit für Krankheiten.
Beteiligte Akteure, Herangehensweise und umgesetzte Massnahmen
Akteure | Herangehensweise / Ursachenfindung und getroffene Massnahmen | Bewertung von Fachspezialist/innen¹ |
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Betriebsleiter + Hauselektriker | Da es vor dem Bezug des Neubaus nicht zu derartigen Problemen bei den Kälbern kam und im Neubau sehr viel Metall verbaut wurde, kam dem Betriebsleiter der Verdacht, dass die Problematiken mit Streuströmen zu tun haben könnten und liess seinen Hauselektriker dies überprüfen. | Es kann auch ein neuer Erreger in den Bestand gekommen sein, daher ist eine genaue Abklärung bezüglich Infektionserreger sinnvoll.
(mhae) |
Die Messungen des Elektrikers konnten keine Streuströme nachweisen. Dennoch war der Landwirt davon überzeugt, dass es nur daran liegen kann und führte wieder das alte Management mit einem Abkalbebereich im Stall ein. Dies führte tatsächlich zu einer Besserung, was den Verdacht auf Streuströme bei dem Landwirt festigte. | ||
Betriebsleiter | Nach ca. einem halben Jahr wurde es aufgrund vermehrter Abkalbungen zu eng im Stall, weshalb der Betriebsleiter gezwungen war mit einem Teil seiner Tiere wieder in den aussen gelegenen Unterstand zu ziehen. Nach ca. einem halben Jahr traten dieselben Probleme wie zuvor erneut auf. | |
Landwirtschaftlicher Berater | Bei einem Routinebesuch fiel dem Berater auf, dass die Strohdecke im Unterstand deutlich höher war, als dies im Abkalbebereich des alten Stalls in der Regel der Fall war. Es stellte sich heraus, dass im alten Stall deutlich öfter eingestreut und gereinigt wurde, da der gesamte Stall nicht manuell, sondern mit Hoflader ausgemistet werden konnte. So hat der Landwirt jedes Mal, wenn er den Liegebereich der Tiere gemistet hat, auch den Abkalbebereich neu gemacht. Im neuen Unterstand war dies nicht möglich, daher konnte hier seltener gereinigt und nur nachgestreut werden. Zudem konnte das eingebaute Holz schlecht sauber gehalten werden. |
Tiefstreu, welche nicht gewechselt wird, kann bei Kälbern zu Kryptosporidiose oder auch Kokzidiose führen. Dasselbe gilt für Holzwände. (mhae) |
Im Anschluss an diese Entdeckung hat der Betriebs-leiter den Neubau nochmals angepasst: – Holz durch leicht sauber zu haltende Mate-rialien ersetzt; – Zugänglichkeit verbessert, sodass er auch hier mit dem Hoflader misten konnte. Nach einiger Zeit besserten sich die Symptomatiken der Kälber und der Neubau konnte wie geplant genutzt werden. |
Eine tiefergehende Untersuchung des Einstreus, um die genaue Krankheitsursache auszumachen, war in diesem Fall nicht ratsam, da die Kälber an asymptomatischen Problemen litten. Es war richtig, hier schrittweise vorzugehen und zunächst die offensichtlichen Hygieneprobleme zu beheben. (AGRIDEA) |
¹Kürzel in Klammern hinter den Aussagen stehen für den jeweiligen Fachexperten der Plattform Streuströme.
Take Home Messages der externen Beratungsperson
- Die richtige Hygiene ist entscheidend, um die Gesundheit der Tiere sicherzustellen – sei es bei der Fütterung, den Liegebereichen, dem Melkstand oder gerade auch der Abkalbebucht;
- Vor allem frisch geborene Kälber sind empfindlich, was den Keimdruck in der Umwelt angeht und müssen daher gut beobachtet werden;
- Der Landwirt hat die offensichtlichen Hygienemängel vermutlich nicht gesehen, da er zu fixiert auf die Streustromthematik war. Es ist wichtig immer offen zu sein und eine breite Ursachenforschung zu betreiben.