Die Erfahrungsberichte schildern Fälle aus der Sicht einer Landwirtin oder eines Landwirts. In der Tabelle kommentiert ein/e Fachexpert/in den Fallverlauf.
Ausgangslage
Der Laufstall mit 50 Holstein Kühen liegt in der Talzone. Die Tiere werden in einem Melkstand gemolken. Der Betriebsleiter ist stetig an einer Weiterentwicklung und Optimierung seines Betriebs interessiert und führt daher in regelmässigen Abständen Umbauarbeiten und Anpassungen durch. Nachdem er im Bereich des Melkstands, den Liegeboxen und an der Aussenhülle des Stalls kleinere Arbeiten durchgeführt hat, fiel ihm folgendes Verhalten bei seinen Tieren auf:
- starkes Meideverhalten gewisser Liegeboxen und Fressplätze;
- Gruppenbildung in einem Bereich des Stalls.
Beteiligte Akteure, Herangehensweise und umgesetzte Massnahmen
Akteur | Herangehensweise/Ursachenfindung und getroffene Massnahmen | Bewertung von Fachspezialist/innen¹ |
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Melktechniker |
Da im Rahmen der Umbauten an der Aussenhülle auch kleinere Elektroinstallationen durchgeführt wurde und die Tiere sich sehr konkret nur bis zu einem gewissen Liege- und Fressplatz bewegten, vermutete der Betriebsleiter Streuströme. | |
Nach diesem ersten Verdacht liess er allerdings noch keine Messungen durchführen, da er das Verhalten zunächst beobachten wollte. |
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Tierverhaltensspezialist |
Da dem Betriebsleiter das Verhalten seiner Tiere komisch vorkam, bat er einen Experten für Tierwohl die Situation zu beurteilen.
Dieser vermutete, dass die Tiere die Fressplätze ggf. mieden, da das Fressgitter zum Teil laut klapperte. Darüber hinaus schienen die Liegeplätze zu kurz für die Grösse der Tiere zu sein. |
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Die Fressgitter wurden neu eingestellt, sodass das Klappern reduziert wurde.
Bei den Liegeboxen wurde ein Spanngurt am Kopfende der Boxen entfernt, der die Tiere daran hindern sollte, zu weit nach vorne zu rutschen. Diese Anpassungen haben jedoch nicht zu einer Änderung im Verhalten der Tiere geführt. |
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Betriebsleiter + Stallbauberater |
Bei einem Routinebesuch eines Stallbauberaters, der den Betriebsleiter bei den Umbauten an der Aussenhülle unterstützte, betrat dieser den Bereich des Stalls, den die Tiere mieden und stellte eine massiv schlechtere Luftqualität fest als in den anderen Bereichen des Stalls, den die Tiere nach wie vor nutzten.
Während der Umbauarbeiten wurden neue Windfangnetze installiert, die die Luftverwirbelungen im Stall so änderten, dass die Luft im Stall nicht mehr gleichmässig umgewälzt und erneuert werden konnte. |
Bei abweichendem Verhalten kann es Sinn machen, sich in die Lage der Tiere zu versetzen und die Bereiche, die gemieden werden, selbst zu betreten (Laufgang, Melkstand, Fressplätze etc.). Auf diese Weise können Zugluft, schlechte Lichtverhältnisse oder störende Geräusche festgestellt werden. Achten Sie hierbei immer auf Ihre Sicherheit und jene der Tiere (AGRIDEA) |
Im Anschluss daran wurden die Windfangnetzte deinstalliert und neu platziert, sodass die Luft wieder gleichmässig umgewälzt werden konnte.
Eine kurze Zeit danach nutzten die Tiere wieder alle Bereiche des Stalls. |
¹Kürzel in Klammern hinter den Aussagen stehen für den jeweiligen Fachexperten der Plattform Streuströme.
Zwei Jahre nach den Anpassungen kam es zu einem Blitzschlag. Aufgrund dessen musste das Melkzeug ausgewechselt werden. Dies führte nochmals zu einer starken Verbesserung der Zellzahlen. In dieser Zeit wurden Kühe mit chronisch erhöhten Zellzahlen ausgemerzt.
Take Home Messages des Landwirts
- Bei einem derart auffälligen Verhalten der Tiere, macht es Sinn den gemiedenen Bereich im Stall selbst zu betreten und zu schauen, ob so bereits Veränderungen festgestellt werden können, die die Tiere beeinflussen könnten.
- Änderungen an der Bausubstanz sollten immer von Fachexperten/innen begleitet werden, um Fehlinstallationen zu vermeiden.