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Bilanz Einfache Analyse Ist der Betrieb widerstandsfähig?

Wie hoch liegt die derzeitige Verschuldung des Betriebes?

Häufig können der Kauf eines Hofes mitsamt seinem Inventar oder betriebliche Investitionen nicht vollständig durch eigene Mittel gestemmt werden. Um das fehlende Geld dennoch bereitzustellen, besteht für Betriebsleitende die Möglichkeit, Fremdkapital zu beantragen. Im Gegenzug verlangen Kreditgebende Sicherheiten, wie beispielsweise Grundpfandrechte, sowie jährliche Zinszahlungen und Tilgungen.

Mit zunehmender Verschuldung eines Landwirtschaftsbetriebes steigt dessen Abhängigkeit von Dritten sowie von den Zins- und Kapitalmärkten. Sinkt auf diesen das Zinsniveau, vergeben Kreditinstitute Kredite zu günstigeren Konditionen. Demgegenüber ist mit höheren Zinsen bei einem Anstieg des Zinsniveaus durch Kreditnehmende zu rechnen. Dieses Risiko ist durch einen Landwirtschaftsbetrieb bei der Aufnahme von Fremdkapital einzuplanen, da bei steigenden Zinskosten entsprechend mehr Liquidität bereitgestellt werden muss. Oftmals sind Kredite zudem befristet und müssen innerhalb einer bestimmten Frist getilgt werden. Auch diese Amortisationsverpflichtungen können einen beträchtlichen Anteil des betrieblichen Umsatzes vernichten.

Vermag ein Landwirtschaftsbetrieb mit seinen Einkünften die Forderungen der Kreditgebenden nicht mehr decken, gerät dieser in Verzug. Dessen Verschuldung steigt weiter an und kann im schlimmsten Fall zum Konkurs führen. Bei einem bereits hohen Fremdkapitalanteil ist zudem die Beschaffung von zusätzlichem Geld erschwert. Entsprechend wichtig, ist die betriebliche Verschuldung im Auge zu behalten und bei jeder Kreditneuaufnahme zu beurteilen, ob die damit verbundenen Kosten für das Unternehmen tragbar sind.

Zur Feststellung, welcher Anteil des Vermögens mittels Fremdkapitals per Bilanzstichtag finanziert ist, dient der Fremdfinanzierungsgrad:

Berechnung

Richtwert

Bei der Beurteilung der Verschuldungshöhe gilt es zudem Betriebsphase zu berücksichtigen. Unverzüglich nach der Hofübernahme oder hohen Investitionen liegt oftmals ein hoher Anteil Fremdkapital vor. Dieser sollte jedoch anschliessend durch die Betriebsleitenden bis zur Hofübergabe kontinuierlich zurückgeführt werden, um den Übernehmenden Kapazitäten für die Kreditneuaufnahme oder für weitere Investitionen zu schaffen.

  • Bei Hofübernahme: 60 – 80 %
  • Bei Hofübergabe: 0 – 40 %
  • Bei Pachtbetrieb: 0 – 20 %

Bei der Interpretation der Kennzahl sind zudem der Zustand der Gebäude, letzte Investitionen, Alter der Betriebsleitenden und deren persönliche Vorsorge sowie die stillen Reserven zu beachten.

Vergleichen Sie zudem das Ergebnis mit der zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten von Agroscope (Fremdfinanzierungsgrad in %):

Rund die Hälfte des Vermögens von Fritz Muster war im Jahr 2021 mittels Fremdkapital finanziert. Dessen Verschuldungshöhe ist daher als “mittel” einzustufen. Um die Kredite nach und nach zurückzuführen, amortisiert er jährlich 24’000 CHF. Entsprechend steigt das Eigenkapital in Zukunft kontinuierlich an, der Fremdfinanzierungsgrad sinkt dagegen. Vorausgesetzt hierfür ist jedoch, dass Fritz Muster in den kommenden Jahren keine Kreditneuaufnahme tätigt.

Bemerkungen

  • Weiterführende Informationen bezüglich zinslosen Investitionshilfen und Betriebshilfedarlehen finden Sie beim Landwirtschaftsamt Ihres Kantons oder beim Bundesamt für Landwirtschaft.
  • Der Eigenfinanzierungsgrad stellt das Pendant zum Fremdfinanzierungsgrad dar und gibt an, welcher Anteil des Vermögens durch Eigenkapital finanziert ist (= 100 % – Fremdfinanzierungsgrad).
  • Aspekte zur Beurteilung der Kreditfähigkeit eines Landwirtschaftsbetriebes vgl. Tragbarkeit

(letzte Aktualisierung 11.08.2023)

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