Die Erfahrungsberichte schildern Fälle aus der Sicht einer Landwirtin oder eines Landwirts. In der Tabelle kommentiert ein/e Fachexpert/in den Fallverlauf.

Ausgangslage

Der Betrieb mit 30 Milchkühen inklusive Aufzucht befindet sich in der voralpinen Hügelzone. Neben der Milchwirtschaft werden auf 20 ha auch noch 300 Legehennen gehalten und Tafelkirschen angebaut.

Im Zuge einer Renovation wurde im Stall die Decke mit zwei Eisenträgern neu gebaut. Schon während des Umbaus fiel auf, dass die Kühe die Selbsttränken nur wenig benutzten. Zudem kamen weitere Probleme hinzu.

Symptome die dem Betriebsleiter auffielen:

  • tiefe Wasseraufnahme;
  • tiefe Milchleistung;
  • hohe Zellzahlen;
  • schlechte Melkbarkeit;
  • viele Tiere mit Ketose.

Beteiligte Akteure, Herangehensweise und umgesetzte Massnahmen

Akteur

Herangehensweise/Ursachenfindung und getroffene Massnahmen

Bewertung von Fachspezialist/innen¹

Betriebsleiter

Dem Betriebsleiter fiel bereits während des Umbaus des Stalls auf, dass die Kühe nur noch wenig Wasser tranken. Dies stellte er fest, da die Tränken am Morgen immer noch denselben Verschmutzungsgrad aufwiesen wie am Vorabend.

Je nach dem Grad der Verunreinigung, könnte auch eine starke Verschmutzung zu einer geringen Wasseraufnahme führen. (AGRIDEA)

Die Tränken wurden gereinigt. Da noch weitere Symptome auftraten, versuchte man, die Ursachen zu finden.

Melkberater ZMP

Die Symptome traten mehrheitlich beim Melken auf, deswegen wurde die Melkberatung hinzugezogen. Die Melkmaschine wurde geprüft, hierbei konnten an verschiedenen Leitungen Streuströme in Höhe bis zu 120 mA gemessen werden.

«Streuströme» sind unerwünschte Ausgleichsströme, die über leitfähige Strukturen fliessen. Ausgleichsströme, die über die Elektroinstallation abfliessen, sind keine Streuströme. «Streuströme» haben keinen direkten Einfluss auf Mensch oder Tier, solange sie keine Berührungsspannungen zur Folge haben. Nach Literatur sollen Berührungsspannungen <1 Volt liegen, weil unter diesem Wert keine Wirkungen auf Milchkühe nachgewiesen werden konnten. (aw)

Wurden in diesem Zusammenhang auch die Berührungsspannungen gemessen? Wurde ein Messprotokoll erstellt? Welche fachlichen Kompetenzen hatte der Melkberater im Elektrobereich? Messungen und daraus resultierende Anpassungen erfordern Kontrollberechtigung oder Fachkundigkeit gemäss NIV? (ds)

Die betroffene Wasserleitung wurde durch ein Kunststoffrohr unterbrochen. Infolge dessen stieg die Wasseraufnahme und es trat weniger Ketose auf.

Techniker des Melkmaschinenherstellers

Da das Problem der hohen Zellzahlen durch die vorherige Anpassung noch nicht behoben war, wurde die Melkmaschine nochmals untersucht. Da alles korrekt eingestellt war und keine Fehler festgestellt werden konnten, wurde die Melkmaschine durch eine neue Maschine eines anderen Herstellers ersetzt.

Beim Austausch der Melkanlage wurde festgestellt, dass bei der alten Melkanlage keine Erdung vorhanden war. Durch die neue Melkmaschine und die Erdung konnte eine leichte Reduktion der Zellzahlen erreicht werden. .

Melkanlagen sind ausgedehnte Systeme. Daher kann davon ausgegangen werden, dass relevante Teile der Anlage parasitär geerdet waren. Auf jeden Fall muss die Installation vor Inbetriebnahme kontrolliert werden. (aw)

Melkmaschinenservice

Da die Zellzahlen trotz des Austauschs der Melkanlage noch immer zu hoch waren, wurde die Erdung über ein Jahr hinweg mehrmals kontrolliert und verbessert.

Durch diese erneute Verbesserung der Erdung konnte eine leichte Verbesserung der Zellzahlen erreicht werden.

Diese Aussage deutet auf ein planloses Herumbasteln an der elektrischen Anlage hin. Dies ist gänzlich abzulehnen, weil es im Extremfall zu lebensgefährlichen Situationen führen kann. (aw)

Spezialfirma

Da auch nach diesen Verbesserungen der Erdung noch keine zufriedenstellende Milchleistung und Zellzahlen erreicht werden konnten, wurde eine Spezialfirma mit der Überprüfung des Hofgebäudes beauftragt. Dabei wurde festgestellt, dass die Stromleitungen über 4 Pole, statt der heute üblichen 5 Pole verfügten.

Spezialfirma? Vgl. Anmerkung bzgl. Fachkompetenz beim Abschnitt Melkberater. Welche Stromleitungen verfügten über 4 Pole? War das Nullung Schema 3? (ds)

Der nachträgliche Einbau einer Erdungsleitung verbesserte die Situation.

Auch hier zeigt sich ein planloses Vorgehen. Die tatsächliche Wirkung auf die Tiere wurde nicht untersucht und kann auf Grund solcher Aussagen auch nicht belegt werden. (AGRIDEA)

Betriebsleiter

Da die Milchleistung trotz all der zuvor aufgeführten Massnahmen noch immer tief war und hohe Tierarztkosten entstanden, wurde nochmals mit allen Beteiligten gesprochen. Für den Betriebsleiter galt es zu entscheiden, ob er die Milchkuhhaltung aufgibt oder ob eine Möglichkeit bestand diese fortzuführen.

Ein Vorschlag der Expertenrunde war es, ohne direkten Strom zu melken. Hierzu wurden die elektrisch gesteuerten Pulsatoren sowie die Selbstabnahme abgestellt.

Dadurch konnte das Problem gelöst werden. Die Zellzahlen sanken (< 100 000/ml) und die Milchleistung stieg an.

Auch eine falsche Pulsation bzw. Probleme mit der Selbstabnahme alleine können zu erhöhten Zellzahlen und einer geringen Milchleistung führen. (AGRIDEA)

¹Kürzel in Klammern hinter den Aussagen stehen für den jeweiligen Fachexperten der Plattform Streuströme.

Legende:
Herangehensweise
Massnahme

Es war noch eine weitere Spezialfirma auf dem Betrieb und hat versucht das Problem zu lösen. Allerdings kann der Zeitpunkt und die Massnahmen nicht mehr genau zugeordnet werden. Dies auch deshalb, da der Nutzen der Massnahme fraglich war.

Take Home Messages des Landwirts

  • Es braucht eine gewisse Hartnäckigkeit, um dem Problem auf den Grund zu kommen und es zu lösen.
  • Nicht alle Akteure können zum Erfolg verhelfen und trotzdem können hohe Kosten entstehen.